Ivor Joseph Dvorecky: Aristoxenos
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Ivor Joseph Dvorecky
Aristoxenos
"Nicht, solange die Schlange da ist!"
Die Augen des alten Xenophilos gingen unruhig hin und
her. Er kreuzte die Arme und sah zu Boden.
Der
Kapitän spuckte ärgerlich auf die Deckplanken. "Sie ist doch nur aufgemalt!"
Er machte seinem Ärger Luft, plötzlich war ihm aber auch nicht wohl, da er wie
alle Seeleute abergläubisch war.
Der Zephyr hatte an diesem Frühlingabend bereits
eingesetzt, ein lauer, warmer Westwind, die Segel blähten sich, und der Kapitän
konnte es sich nicht leisten, Zeit zu verlieren. Er wandte sich an einen der
Passagiere, einen berühmten Satiriker, der mit seinem Freund, einem Maler, auf
einem Knäuel aus Tauen saß.
"Sagen Sie
doch dem da, dass eine aufgemalte Schlange nichts zu bedeuten hat! Wenn wir
noch heute abfahren wollen."
Der
Dichter erhob sich und betrachtete das Bild der Schlange, der Maler auch.
"Das
wissen nur die Götter, was es bewirkt", sagte der Maler, und sein alter
Freund warf ihm einen tadelnden Blick zu.
"Am
besten, wir schmieren das Bild mit Kalk zu und malen das Zeichen der göttlichen Athene darüber", schlug der Dichter
vor. Er sah seinen Freund, den Maler, an. Der Kapitän rief nach dem Koch und
ließ sogleich die Segel setzen.
Unter einem Baum, im scharfen blauvioletten Schatten,
saß, an den Stamm gelehnt, ein junger Mann und schrieb etwas auf seinen Knien.
Neben ihm lag ein Musikinstrument, eine Kithara, doch zirpten in der trägen
Sommerhitze, die auf den Inseln lastend war, nur die Zikaden, und es rauschte
ein Windhauch durch die Blätter. Auch könnte ein Fremder, wie der alte Mann,
der gerade den steinigen Weg hinauf zum Olivenhain kletterte und dessen Rufe der unnachsichtige Junge längst bemerkt
hatte, in den Atempausen des Windes und der Musik der Brandung etwas hören, das
gleichförmig und unabsehbar war.
"Seid
gegrüßt, Aristoxenos. Euer Sklave Perípatos hat mich hinaufgeschickt. Ich bin
glücklich, euch bei guter Gesundheit anzutreffen."
Der junge Mann
legte seine Notizen weg. Er verrückte das Saiteninstrument ein Stück, darunter im Gras lag eine hellholzige,
bemalte Doppelrohrflöte.
"Auch ich
grüße euch, Xenophilos, ihr habt viel Mühe auf euch genommen, mich zu finden.
Wenn ihr wegen der Harmonik kommt – meine Meinung hat sich kein Jota geändert,
ihr könnt das genauso weitersagen, vor dem Konzil meinetwegen."
Der
weißbärtige Alte sagte nichts. Gleichmütig hatte er sich am Stock aufgerichtet und betrachtete etwas in der Ferne auf
dem Meer. Eine Weile später stieg er die verbleibenden Schritte herauf. Vor dem
jungen Mann, dessen Finger stumm über den Grifflöchern der Flöte spielten,
beugte er sich vornüber. Sein Atem ging schnell.
"Zwei
Schulen. Wir bieten euch einen Kompromiss an. Die reine, die philosophische
Lehre und eine praktische für die Banausen, die täglich ihren Lebensunterhalt mit Musik bestreiten
müssen."
Selbst im Schatten sah man Aristoxenos’ Gesicht sich
verdunkeln, und der Alte musste daran denken, was er über die Unbeherrschtheit
seines Schülers wusste und was man von den Musikern gehört hatte. Jäh legte der
junge Mann die Flöte an und stieß, wie um eine Menschen-menge zu übertönen,
einen schrillen Missklang heraus. Verärgert setzte er sie kurz ab, tief Luft
geholt, und erneut blähten sich hinter dem Doppelrohr seine Backen.