Irena Habalik: In einem fremden Zimmer
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Irena Habalik
In einem fremden Zimmer
Zur
Erinnerung an Virginia Woolf
Ein Zimmer ohne Ausblick, ein gemietetes.
In der Ecke
zitterte eine Spinne, draußen war der Wind,
war
die Zeit, aus ihr hob sich der Raum ab,
nicht allein
war ich, Worte Sätze rund um mich, sprangen
zu mir
sangen, in den Ohren rauschten Stimmen,
der Kopf quellte berauscht, zu hastig,
zu viele Worte getrunken,
eine besondere Quelle, einen Kater hatte
ich, die Kraft
hörte die Stille, das Rascheln der
Bücherblätter,
Blatt für Blatt
in diesem Zimmer war ich und in ihrem mit
Blick
auf den Garten, den Fluss, ihre großen
Augen voll
von Zuversicht, Zweifel wie die meinen,
ihre Berührung
war mehr als eine Berührung
ich wusste es musste kommen
die Flussströmung, die Steine unruhig wie
damals
das Ufer blass vom ewigen Postieren, nur
nichts sagen
jetzt, nicht laut oder leise, nicht
unterbrechen dieses hier
der Raum war ausgefüllt, Blatt für Blatt,
die Spinne hängte sich ab, die Zeit wurde
verlegt
ich hatte ein Zimmer für mich allein
Aus: Male dein Schweigen. Gedichte. Ludwigsburg: Pop Verlag, 2021, 130 Seiten, € 29,70.