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Hendrik Jackson: sein gelassen

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Erec Schumacher

Hendrik Jackson - BEGINNING  TO  SEE  THE  LIGHT   


Ein Gemeinsames ist es für mich, von woher ich anfange; denn ich werde dorthin wieder zurückkommen. (Parmenides)



Am Überlebenspol


Es sind Sonderbare Umstände im Halbschlaf, schließlich die Heraufbeschwörung eines Traumbildes - eine Schneelandschaft, verknüpft mit Gefühlen von Taubheit und Schmerzlosigkeit – die entrückt und ruckelnd in die Strömung von Hendrik Jacksons neuen Band sein gelassen hineinführen.
Durch den unerklärlichen Selbstmord einer osteuropäischen Geliebten wird der Ich-Erzähler in eine tiefgreifende Krise gestürzt. Es beginnt eine Zeit der trauernden Reflexion am Überlebenspol, die sich überschneidet mit der Auseinandersetzung mit dem antiken Philosophen Parmenides. Einzelne Orte und Erinnerungsfragmente tauchen auf. Ein Museumsbesuch in Paris, Lermontow´s Geburtshaus, die Küste Portugals (unter Tamarisken), und natürlich Berlin, die Bröckelwelt, die längst historisch gewordene graue Seite des Prenzlauer Bergs. Eine Halbschattenwelt, die sagenumwobene Kastanienallee, die heraufbeschworen wird. Die aufzureißende grundlose Leere in allem. Müdigkeit. Zelebrierte Einsamkeiten in brüchigen Refugien. Jahre des Tumults, der Verdunkelung, umgeben von Heuschrecken der Intensitäten, in einer Propagandaschlacht für mehr Poesie. Alkoholexzesse. Tabula Rasa.
So vergehen die Tage. Im Dunkeln. Chet-Baker-Momente (let´s get lost). Wenn der Mittag in Filmbildern verschwimmt. Geradezu organisch verwoben ist der Text mit Cineastischem, keineswegs zufällig gewählten Filmbeispielen, die den Erzählgestus adäquat aufgreifen: Chris Marker´s La jetée, ein 60er-Jahre-Kurzfilm über Liebe, Zeit, Folter und Tod, bestehend nur aus Standfotos. Heraufbeschworene Verfolgungsfahrten, French Connection. Dazwischen Cassavetes, sowjetische Filme mit Tschechowschen Gesellschaften, Szenen wie aus Tarkowski-Filmen, Bodysnatcher.


Ebenso dicht und nah das Netz literarischer Verweise auf die Grundkonstellation, auf die Rolle der Selbstmörderin. Novalis, Kafka, Shakespeares Ophelia, Dostojewskis Fürst Myschkin, Goethes Werther, dessen Wimmeln der kleinen Welt wortwörtlich zitiert wird. Vermintes weltliterarisches Gelände, durch das sich der Text mäandert, um im eigentlich Literarischen Trost und Verankerung für das Unerklärliche zu finden.
Der Tod der Geliebten als Damenopfer, als Katalysator für die eigene Sinnsuche? Die literarische Ersetzung des eigentlichen Menschen durch sein dem Gefühl beraubten Abbild wie in Bodysnatcher?

So einfach macht es sich Jackson aber mit dem Eurydike-Mythos hier nicht.
In Gedanken geht der Ich-Erzähler zunächst die Geschichte der Toten durch, ohne ihre Lebensumstände näher zu konkretisieren, dafür umso mehr die eigenen: Den Zerfall der Lebenswelt des Prenzlauer Berges im neuen Jahrtausend, das Vorrücken neoliberaler Gentrifizierungs- und Selbstvermarktungsstrategien. Trotzdem ist es immer die Tote, die das szenische und reflexive Grundgerüst in Gang hält und exemplarisch personifiziert. So schwingt all das mit, was scheinbar mit ihr abwesend ist. Aber welche verborgenen Motive und Psychismen lassen sich aufdecken? Warum schwankt der Ich-Erzähler durch permanente Positionswechsel und traut sich selbst kaum über den Weg? Es wimmelt von Übergängen, Interferenzen, von einer Vielfalt der Schreibanlässe, eingebunden in Reflexionen über Raumzeitstrukturen.
Das Überraschende ist, dass der ruhige Erzähl- und Reflexionsfluss ein quasi vorgetäuschter ist, die perforierte Schutzhaut, unter der eine sich überstürzende Dynamik ausgelöst, in Gang gehalten und befeuert wird. Der Text entfaltet durchaus Spannungsbögen, die allerdings weniger an Figurenkonstellationen festzumachen sind, als an der Entfaltung komplexer, narrativ zu verstehender Suchbewegungen, einer Suche nach Halt, nach Kriterien einer rigorosen Praxis, die fortwährend die eigene Textproduktion hinterfragt, auf ihre Motive abklopft.
Meditationen, die sich in Gedankensplitter auflösen, Aphorismen, die sich verästeln im Reagieren und Eindrückesammeln vom Tod; das Sichverlieren im Offenen, im Hin- und Herspringen, in Rastlosigkeit, im Scheitern schon neuen Anlauf nehmend. Phasen, Fluten. Um das Labyrinthische seines Weges zu verdeutlichen, spannt Jackson wie Regieanweisungen eine Zwiegespanntheit... zwischen einem reinen Innen und einem unerreichbaren tödlichen Äußeren... Klarheit und Verworrenes... Sucht und Askese... etc. Ständig alternierende Zustände und Modi werden so beschrieben, mit teils gegenläufigen Vektoren, die im sprunghaften Vor- und Zurücktasten die Räume und Teilräume des Textes aufspannen, einzelne Lebensabschnitte (Jahre der Vorbereitung), Bewusstseinszustände, Sichtweisen, Lesarten und ihre Interpretationen, Rückblenden, die sich jedoch genauso gut auch als ein Traum im Traum herausstellen können und die dem Leser ein Höchstmaß an Konzentration abverlangen. So gesehen ist sein gelassen auch ein Buch der Täuschungen.


Die verweigerte Erzählung

Es ist offensichtlich eine bewusste Entscheidung, dass der Ich-Erzähler der Toten bis auf wenige Erinnerungsfetzen - angedeutete Szenen, Gesten, Mystifikationen - keine Geschichte zuschreiben will, vorgibt, wenig bis gar nichts über sie zu wissen. Eine Leerstelle, eine Technik des Weglassens, die dem proklamierten Glück der geglückten Erinnerung als Wiedergeburt, einer Koexistenz von Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft entgegensteht. So verbleibt die Selbstmörderin (meine unsterbliche Freundin) in einem Zustand des Statuarischen, reduziert auf eine Sammlung von Standfotos, aus der zunächst wenig Evidenz geschöpft werden kann. Der Ich-Erzähler will sich so der Verklärung der Toten verweigern, einem Haften an Ereignissen, der Sentimentalisierung. Mitunter geschieht es aber dennoch, so transloziert er die Tote in einen sonnendurchfädelten Raum. Gleichzeitig korrespondieren mit der Einfachheit eines schönen Moments Annektierungsversuche einer Erscheinungswelt, ein komplexeres Vorher und Nachher.
Andererseits beschreibt der Ich-Erzähler sehr eindringlich und empathisch den Moment des Vergegenwärtigens als eine Liebe zum Leben, als ein Erinnern, in dem die Gegenwart leicht bleibt, kontrastiert ihn mit den Löchern, Rissen, Verstörungen, den Gefühlen der Leere, die der Tod hinterlassen habe, die Suche nach den Dunkelheiten, dem Verschwinden von immer mehr Details.      
Sukzessive kristallisiert sich durch eben dieses Verschwinden auch eine Verarbeitung des Todes heraus. Die Tote nicht sterben zu lassen, sie einzubeziehen. Eine Frequenzsuche, so wie der ganze Text.
Jackson verknüpft dies fast schon hagiographisch mit Novalis. Initiierte bei Novalis der Tod seiner Verlobten Sophie von Kühn doch die Kraft eines magischen inneren Bewusstseins, eine Suche nach der Wahrheit geheimer Naturkräfte, nach einer Erlösungsbotschaft, die Leben und Tod als etwas Verbundenes auffasst und auf die Einheit ihres Wesensgrundes rückführt. So frappant und mitgedacht die Parallele sein mag, so sollte man sie zugleich nicht überbewerten und im Hinterkopf behalten, dass neben Novalis als Inbegriff innerlicher Zustände auch andere Referenzen benannt werden. Der Geheimbund der Rätselhaften wie Trakl, Hölderlin, der gegen die eigene Textfetzen-Produktion in Stellung gebracht wird. Der slowenische Dichter Dane Zajc vor allem, der mit seiner Dichtung an ein absolutes Außen, eine absolute Kälte stieß. Der das Durchjagende, das Sich-Verbrennen zelebrierte, um nichts mehr übrig zu lassen, zu verschmelzen im Bild einer Schönheit, in den Trümmern eines zerschlagenen Körpers.
Einen Schritt weiter verknüpft der Ich-Erzähler seine Beziehung zur Selbstmörderin mit einer unkontrollierbaren Schuld des Verantwortens, die ohne sein Zutun auf ihn kommt. Eine Art Erbsünde, um kurz darauf zu relativieren: wenn hinter jeder Handlung eine Schleppe von Schuld schleift, das Handeln selbst aber... uneinsichtig bleibt... dann liegt in jeder Schuld zugleich auch ein Nullpunkt des Beginnens, eine Unschuld des (permanenten schuldig) Werdens.
Im nächsten Kapitel konkretisiert er den Schulddiskurs in einer kammerspielartigen Kurzszene, als ich neben ihr (der Selbstmörderin) mit der von ihr geliebten Freundin schlief, erweitert ihn um Aspekte wie Verrat, Gier, Ausschweifung, Lieblosigkeit, Leere, um den Bruch, der nicht zu kitten ist. Die Wunde, die er schlägt und die er nährt... zunehmend ist die letzte Gemeinsamkeit die der Körper, die sich immer gieriger umschlingen, nur noch im Rausch zueinanderfinden. Zuletzt schleift auch diese Qual ab zur Gewohnheit.
So postuliert der Ich-Erzähler gerade in der Überwindung von Gier und Egozentrik eine Unvergänglichkeit von Schönheit, die sich in einem assoziativen Spiel erst durch ihr Vergehen, durch die Wiederholung ihres Vergehens entfaltet und vollendet. Tod und Schönheit sind gemeinsam zu denken. Ein Todesbild liegt in jedem Schönheitsbild beschlossen.


Spazierengehen mit Parmenides

Der Ich-Erzähler setzt mehrmals an, sein literarisches Vorhaben offenzulegen, das darin besteht, einen schmalen Band zu schreiben. Zunächst als reines Konstrukt im Kopf, Planquadrate eines Textes, wird er dann vom Wunsch ergriffen, eine Geschichte zum Festhalten zu schreiben, einen Text vom schwarzen Frühling, um letztendlich mithilfe von Parmenides zu einer meditativen Loslösung zu gelangen, die womöglich Trost verspricht.

Das in Fragmenten erhaltene und nur wenige Seiten umfassende Lehrgedicht des Parmenides aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. gilt gemeinhin als eine Art Urknall der Philosophie und steht am Beginn abendländischen Denkens. Es ist zu verstehen als Offenbarungstext und enthält in einem ersten Ablösungsversuch des Logos vom Mythos logische, ontologische und kosmologische Aussagen. In schwerfälligen Hexametern verfasst, beschäftigt es sich im ersten Teil mit dem Weg der Wahrheit, im zweiten Teil mit dem Weg der Meinung, des Scheins, unterscheidet also erstmalig mit der reinen Begeisterung des Denkens (Hegel) zwischen Sinnes- und Verstandeserkenntnis. Im Zentrum seiner Lehre steht, dass es nichts anderes als Sein geben könne. Das Sein ist eins und unteilbar. Es hat keinen Anfang und kein Ende und unterliegt keiner zeitlichen Veränderung. Es liegt in den Fesseln der Göttin Dike, die Werden und Vergehen von ihm fernhält. Nichtsein hingegen ist unmöglich.

Jackson verankert eben diesen Parmenides (als Daumenkino gelesen) in das reflexive Geschehen von Sein gelassen, er bildet die Achse und das Auge, das windstille Zentrum eines Wirbelsturms, das die Aufzeichnungen in Eigenbewegungen versetzt.
Jackson vertieft sich in solchem Ausmaße in das Lehrgedicht des Parmenides, dass es bisweilen den Eindruck erweckt, er verliere sich im Gestrüpp der Interpreten. Er will ihn entziffern, will teilhaben an der Gleichsetzung von Licht, Wahrheit und Sein. Sucht Ruhe in den dunkelsten Stellen. Um Besänftigung, ungebundene Betrachtung, ein Schweben in der Stille geht es ihm – kurz, um einen Idealzustand. Ein Quentchen reichte, um übereinzustimmen mit den ersten Sätzen des Parmenides, behauptet der Ich-Erzähler am Anfang des Textes. Aber stimmt das? Die Tage mit Parmenides, die Tage der Wandlung im kühlen Halbdämmer – was geht da eigentlich vor? Eine Ersehnung von nicht-wissender Unbeschwertheit. Entgegen der Schwerkraft. Momente des Abhebens. Das lebendigmachende Sein, das das Sehende immerzu und unverrücklich in sich vervielfältigt, pulsieren läßt und Gegenläufiges ineinanderstrebt. Der Text bewegt sich frei nach Parmenides in der Welt des Vielen, die sich aus Raum, Zeit und Bewegung konstitutiert, um von da aus seine Kraft zu entfalten, das Sein und seine Gesetze für die Lebenden und für die Toten zu erkunden. Wirklich durchdringen kann der Leser den Text folglich erst dann, wenn er die zahlreichen, sich wiederholenden und variierten Verweise auf Bildsprache, Lichtsymbolik oder spezifischer Formulierungen dem Lehrgedicht zu- und Parmenides als kompositorisches Zentrum, als Kohärenzstifter einordnen kann.


Kristallisationen, Nullpunkte

Eine Art Übergangsstadium bilden die kristallinen Momente. Sie versprechen Beseelung ganzer innerer Landstriche. Rettung, zumindest für einen Moment. Der Kristall: was er im Hellen spiegelt, sind die kleinen Narreteien, Unsinnigkeiten, die Melancholie des Vergangenen, ein liebevolles Haften. Jeder einzelne ist dem Tod und dem Trauern abgetrotzt. Es ist ein Beginnen, wieder und wieder. Ruhiges Ausschwärmen. Die Offenheit des Anfangs, als ein neu gefühltes Wiedersehen. Eine Philosophie der Kristallisationen, des Beginnens, des Abhebens, die mitunter im Widerspruch zum Lehrgedicht des Parmenides steht und gleichwohl zu ihm hinführt, die Fremdheits- und Entfremdungsgefühle aufhellt und ein luzides Akzeptieren von Verlust möglich erscheinen lässt. Der erlösende Anfang, der tägliche Lichtfels. Mal als Traumspiel, mal als Fieberrede.   



Die doppelköpfige Menge

Demgegenüber die tristen Beschränkungen der Welt da draußen. Mit ihren aberwitzigen Arrangements aus aufoktroyierten Koordinaten, Kategorisierungen und Konditionierungen. Ihren ökonomischen und technologischen Zwangsstrukturen. Ihren Ungerechtigkeiten. Die von Parmenides entlehnte Denkfigur der doppelköpfigen Menge, die einer dualistischen, materialistischen Sicht der Dinge verhaftet ist und die der Ich-Erzähler immer wieder ins Spiel bringt, ihr doppelköpfiges Schauen, ihre Doppelhälftigkeit. Gefangen in einer Scheinwelt, Schweinewelt. Angeschlossen an ein krankmachendes akustisches Nervensystem.
Im weiteren Verlauf polemisiert der Ich-Erzähler gegen die Egozentriker, Provo-Rebellen, die sich letztlich auch nur in subventionierte Gehege von Behaglichkeit einzurichten gedenken. Gegen den Vereinzelten, der sich als Produkt der Absatzmärkte optimiert, der das subjektive Erlebnis an die Menge verkauft. Er kommt immer wieder auf sie zurück, auf Träger der Normen und Normabweichung. Scharlatane der Inszenierung nennt er sie an anderer Stelle. Am Ende bleibt die resignierte oder vielmehr melancholische Frage, wie soll ein Einzelner ein Zeichen setzen, ein Bleibendes.
Es sind jene Evokationen und Interpretationen seelischer Verletzungen eines Psychonauten - mitunter in Wiederholungsschleifen gefangen und unter selbst auferlegten Isolationsbedingungen gedimmt -, die sich in einem pluralen Geflecht auseinanderdriftender lyrischer Felder auflösen. Konsequent erscheint es da nur, dass der Autor zwischenzeitlich erschöpft ist vom hochtourigen und obsessiven Parcourritt, dass sich ein Gefühl von Vergeblichkeit breit macht. Mutmaßt der Ich-Erzähler selbst, dass er eigentlich keinen Schritt weitergekommen sei, keine Geschichte, keine Biografie mehr zu haben? Die Lösungen seien ihm ausgegangen.


Der Traum von Brüderlichkeit

Überdeutlich zeichnen sich über alle Abgründe hinweg Sehnsuchtsmotive ab: der Traum von Brüderlichkeit, eine Gemeinschaft der Gütigen. Unschuld als Ideal. Die Loslösung vom Ich, von Pseudoindividualisierung. Das nicht gespaltene, einfache Sein. Weg von den Psychologisierungs-versuchen etwaiger Bildergeschichtenentwürfe. Ein Bekenntnis zum Trost, zur Trostsprache, zum Trostbuch. Letztendlich findet der Ich-Erzähler Schönheit nur in der Güte, in der Sorge um einen anderen.  

Gegen Ende des Textes steigt das Schneebild der Eingangsszene wieder herauf, halb Utopie, halb Apokalypse, tagelanger Schneefall, ein graues Halbdunkel, in dem die wellige Schneedecke der Wolken, sich endlos erstreckte, ungestört, menschenleer, Pracht eines monochromatischen Minimalismus. Scheinbar schließt sich hier der Kreis, ein perpetuum mobile, wären nicht die letzten Sätze: Hätte ich es nicht sein lassen können? Das alles ist nun nicht mehr wichtig. Die Welt liegt ja vor mir, ganz konkret... Wir werden das weiße Blatt, vom vielen Schwärzen rein geworden, ausrollen. Der Sprung vom sein lassen zum sein gelassen. Eine Art Gemeinschaftsbildung als Akt der Selbstbefreiung? Ein Wir, dass sich aus einem zunächst wiederentdeckten und dann eliminierten Ich konstituiert, herausgeschält aus den Erkenntnisvorgängen eines teils mystischen, teils utopischen Bewusstseins. Das Sehnsuchtsbild im Schnee dann wie eine Offenbarung. Eine Gratwanderung, die einen Weg der Transzendierung aufzeigt. Noch nicht ganz bei Trost, aber nahe, näher.
Zurück in die Welt, in der zwei Mädchen im eisigsten Winter im türkisen Mazda slowakische Lieder trällern, schief und fröhlich, landen vor den eisernen Türen einer geheizten Bar.
Was vordergründig leicht kitschig klingt, ist nichts anderes als die Adaption der Eingangsschilderung des Parmenides, wie er auf einem von Stuten gezogenen Wagen und von Sonnenmädchen geleitet zum Licht fährt. Dort ist das Tor der Bahnen von Nacht und Tag. Die Sonnenmädchen überreden die Göttin Dike, das ätherische Tor zu öffnen, damit sie dem Parmenides die Wahrheit verkünde.   


Hendrik Jackson: sein gelassen. Aufzeichnungen. Berlin (kookbooks – Reihe Prosa) 2016. 157 Seiten. 19,90 Euro.

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