Guillaume Apollinaire: Stürb ich da draußen
Apollinaire
Stürb ich da draußen
Stürb ich da draußen in den Linien der Soldaten 
Du weintest liebste Lou dich einen Tag lang aus 
Dann schwände schon vor dir mein Bild wie wenn Granaten 
Zerplatzend sterben in den Linien der Soldaten 
Granatenblüten schön wie ein Mimosenstrauß 
Dann deckte wohl mein Bild obgleich zerplatzt im Raume 
Mit meinem roten Blut die ganze Welt die See 
Das Land Gebirg und Tal den Stern der schweift am Saume 
Der Wundersonnen die gereift im Weltenraume 
Wie hier die goldnen Früchte rings um Baratier 
Vergeßnes Bild es lebte neu in allen Dingen 
Die Rosenspitzen färbt ich rot an deiner Brust 
Ich wollt dir Mund und Haar zu blutiger Röte bringen 
Du würdest niemals alt denn mit so schönen Dingen 
Verjüngtest du dich nur zu immer neuer Lust 
Mein Blut göß ich es so auf unsre Welt hernieder 
Verlieh der Sonne bald mehr Licht und Leidenschaft 
Den Blumen Farbenpracht und Schwung der Welle wieder 
Die unerhörte Liebe stieg' zur Erde nieder 
Dein Körper spürte stärker des Geliebten Kraft 
Wenn ich da draußen Lou tot und vergessen bliebe 
- Denk nur bisweilen dran im Augenblick der Liebe 
Der Jugend und des Rauschs wenn jähe Glut aufzückt – 
Dann wär mein Blut der Quell der allen Schmerz vertriebe 
Und der dich tränkte ganz mit Schönheit und mit Glück 
O du mein großer Rausch und meine einzige Liebe 
(30. Januar 1915, Nimes)
L angsam senkt sich die Nacht 
O gib acht gib acht 
U ns ist ein langes blutiges Schicksal zugedacht 
Übers.: Lothar Klünner
 
 
