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Germain Droogenbroodt: Vier Gedichte

Gedichte > Lyrik heute
Germain Droogenbroodt

Vier Gedichte


Tagesanbruch
Langsam
so wie ein Gedicht sich selbst schreibt
entsteht der Tagesanbruch
aus dem Nichts
entledigt sich der Stille
und bringt Licht
überall taucht auf das Grün
Reisezehrung für die Sonne
die von der Erde
kein anderes Düster nimmt
als die Nacht.



Zähle mich nicht zu den Mandeln

Mach mich bitter,
zähle mich zu den Mandeln

                                  Paul Celan

Zähle mich nicht dazu
zähle mich nicht
zu dem was zu bitter
oder zu düster war.

Zähle mich nicht zu deinen Mandeln.

Schenke mir
wenn die Nacht zu dunkel ist
von den Sternen das Licht
und von der Morgenröte
die Mohnblume des Traums.



TODESFUGE * (Coronavirus)

Tod, wir trinken dich,
wir trinken dich mit unseren Augen,
wir trinken dich mit unseren Ohren
wir trinken dich Tag für Tag

Tote, es bleibt keine Zeit mehr, euch zu verabschieden,
es bleibt keine Zeit mehr, um ihre Gräber zu schaufeln
Die Führer haben den Weg geebnet
mit Heuchelei und Lügen

Tod, wir trinken dich,
wir trinken dich mit unseren Augen,
wir trinken dich mit unseren Ohren
wir trinken dich Tag für Tag.


*Todesfuge, nach dem Gedicht von Paul Celan.



Abendröte

Das Rauschen des Wassers
sagt was ich denke
   Chuang Tzu

Die Sonne
die vom Tagesanbruch das Feuer zündet
geht unter in dem eigenen Blut

zwischen den Ästen der Bäume
stößt einen letzten Seufzer aus dem Wind

hörbar bleibt das Rauschen
der Fluß

aber das Auge, das Ergebung sucht
berauscht sich am Wein
den so freizügig ausschenkt
die Abendglut.



"Tagesanbruch" aus “Die Tautropfen der Morgenröte”, Anthologie, 2014
"Zähle mich nicht zu den Mandeln" und "Abendröte" aus Die ephemere Blume der Zeit“, 2021


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