Franz Hofner: Als ich noch reiste - zwei Gedichte
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									Franz Hofner
								
							Als ich noch reiste -
zwei Gedichte
ohne Titel
						
						Es schneit. Sanft wie Flugblätter
						
						mit arabischer Schrift, weich 
						
						wie mit künstlicher Intelligenz 
						
						umhüllte Bomben fallen 
						
						die Flocken. 
						
						Straßenbahnen
						
						fahren nicht mehr, Ausfallstraßen 
						
						sind blockiert, der Flughafen
						
						vom Schnee verschüttet. 
						
						Letzte Hospitäler schließen.
						
						Die Stadt, so schreiben die Behörden,
						
						muss in vierundzwanzig Stunden 
						
						evakuiert sein. 
						
						Die Häuser, so schreiben die Behörden, 
						
						dürfen nicht verlassen werden. 
						
						Fuerte
						
						Als ich noch reiste
						
						packten die Koffer mich
						
						schoben mich zum Bus zum Zug
						
						die Rollbahn hoch
						
						bis die Ohren knackten
						
						Als ich noch reiste
						
						und mir die Bullaugen den Kopf verdrehten
						
						der aus dem Nackenkissen auf zensierte Filme
						starrte
						
						überwand meliertes Rauschen die
						Blut-Hirn-Schranke
						
						schlugen Luftlöcher ins Zwerchfell, schwoll
						
						hinter rissigen Lippen die Zunge im Mund.
						
						Als ich noch reiste
						
						kopfüber wie ein akrobatischer Zugvogel 
						
						landete in der Filmstadt, der Horizont aus
						Sperrholz
						
						das Meer von eifrigen Händen bewegte Bahnen
						Kunstseide 
						
						wir bestellten zwei Aperol und den
						Sonnenuntergang
						
						Als ich noch reiste
						
						und die Uhrzeiger begannen senkrecht
						
						zum Ziffernblatt zu kreisen – man konnte sich
						übel
						
						verletzen - und ein Wind aus der Heimat
						Auslegware 
						
						und abgelöste Raufaser heranzublasen begann
						
						da spaltete sich das Licht selbst
						
						schnitt wie ein rostiger Büchsenrand
						
						Katalogbilder entlang und zeigte uns, dösend
						
						lachend, essend, Pixel für Pixel echt
						
						wie gemalt im fernen Land am Strand.
 
 
