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Fernando Pessoa: Lento, no luar lá fora da noite lenta

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Lento, no luar lá fora da noite lenta


Bedächtig, dort draußen im Mondschein der bedächtigen Nacht, bewegt der Wind Dinge, die beim Bewegen Schatten machen. Es ist vielleicht nur die Wäsche, die man auf dem oberen Stockwerk hat hängen lassen, doch der Schatten für sich kennt keine Hemden und flattert ungreifbar im stummen Einverständnis mit allem.

Ich habe die Fensterläden aufgelassen, damit ich früh aufwache, doch bis jetzt, und die Nacht ist schon so alt, daß man nichts hört, konnte ich mich weder dem Schlaf überlassen, noch richtig wach sein. Mondschein ist dort hinter den Schatten in meinem Zimmer, doch dringt er nicht durchs Fenster. Er ist vorhanden, wie ein Tag von mattem Silber, und die Dächer des gegenüberliegenden Gebäudes, das ich vom Bett aus sehe, schimmern von eingeschwärzter Weiße. Wie Glückwünsche aus der Höhe für jemanden der sie nicht hört, herrscht ein trauriger Friede im harten Licht des Mondes.

Und ohne zu sehen, ohne zu denken, mit schon über dem abwesenden Schlaf geschlossenen Augen, überlege ich, mit welchen treffenden Worten man einen Mondschein beschreiben könnte. Die Alten würden sagen, der Mondschein ist weiß, oder silbern. Doch die unechte Weiße des Mondscheins hat viele Farben. Erhöbe ich mich vom Bett und schaute durch die kalten Scheiben, weiß ich, daß in der einsamen Luft in der Höhe der Mondschein von einem graublauen Weiß in entfärbtem Gelb ist; daß, auf den verschiedenen Dächern, deren Schwärze im Mißverhältnis zueinander steht, er sowohl mit weißem Schwarz die unterworfenen Gebäude vergoldet als auch mit einer farblosen Farbe das Rotbraun der hohen Dächer überflutet. Unten auf der Straße, ein sanfter Abgrund mit unregelmäßig gerundeten nackten Steinen, ist er farblos bis auf ein Blau, das vielleicht vom Grau der Steine rührt. Hinten am Horizont muß er fast von einem dunklen, vom schwarzen Blau des Himmels hinten verschiedenen, Blau sein. Wo er auf die Fenster trifft, ist er von einem schwarzen Gelb.

Wenn ich von hier, dem Bett aus, die Augen öffne, die den mir fehlenden Schlaf haben, ist er eine zu Farbe gewordene Schneeluft, wo schlaffe Perlmuttfäden baumeln. Und wenn ich fühle mit dem, was ich fühle, ist es ein weißer, Schatten gewordener Überdruß, der dunkelt, als schlössen sich Augen über dieser unbestimmten Weiße.


übersetzt von Werner Wanitschek

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