Elizaveta Kuryanovich: Danke! Spasibo! lyrisch.e-poeziy.a
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Timo Brandt
Elizaveta Kuryanovich: Danke! Spasibo! – lyrisch.e poeziy.a. Frankfurt a.M. (Größenwahn Verlag) 2019. 110 Seiten. 16,90 Euro.
Die Abstände zwischen den Wörtern und Sprachen
„Lass uns die Abständezwischen den Wörternbetrachten.Was geschieht da?Im Text sind sie immer gleich,im Leben nicht.“
Elizaveta
Kuryanovich ist (laut ihrer Vita) schon viel in der Welt herumgekommen und lebt
derzeit in Frankfurt am Main. Ihr erster Gedichtband „Danke! Spasibo!
lyrisch.e-poeziy.a“ ist ein bunter Mix und kommt sowohl mit einem Vorwort als
auch einem Nachwort daher (von Jan Krasni bzw. Aleksey Porvin), in denen die
kulturellen und sprachlichen Wurzeln bzw. Verfahren der Gedichte gut
offengelegt werden – was soll man da als
Rezensent noch leisten?!
Nun, ich kann
zumindest kurz ein paar der Vorzüge dieses Bandes umreißen. Wie im Nachwort
angesprochen, arbeiten einige der Gedichte (vor allem in den ersten beiden
Kapiteln des Bandes) mit Gegensätzen und Eigenheiten von Kulturen und Sprachen.
Da wird zum Beispiel in einem Gedicht aus dem zweiten Kapitel (in dem es vor allem
um Orte in Frankfurt geht) der Blick zweier Personen auf den Main beschrieben
und wie die Beschreibungen des Gesehenen durch die kulturellen Hintergründe
voneinander abweichen.
„Wenn du über den Tellerrand schaust,siehst du den Main,dunkel und dickflüssig wie Erbseneintopf,schlichte Brückenschöpflöffel,luftige Wolkenbrötchen.Wenn ich über den Tellerrand schaue,sehe ich den Main, dunkel und dickflüssig wieBorschtsch,bemalte Brückenholzlöffel,luftige Wolkenpiroggen.“
Die Differenz,
die hier noch auf einer inhaltlichen Ebene veranschaulicht wird, ereignet sich
in anderen Gedichten auf der sprachlichen Ebene, bspw. auch durch die
Wiederholung, das Nachspüren eines Wortklanges. Wiederum gibt es auch Gedichte
mit einem etwas humoristi-scheren Zugang zu den von Sprache und Kultur geprägten
Vorstellungswelten.
„Blackberries sind keine essbaren Beerenwie jene, die ich gernein den herbstlichen baltischen Ländern sammeltedie kleinen schwarzen Perlen im MoosGebüsche nicht höherals meine fliegenpilzfarbenen Gummistiefel“
Das dritte
Kapitel des Bandes enthält vor allem Liebesgedichte. Hier fließen Übermut und
Besinnlichkeit oft auf gelungene Art und Weise ineinander; eine unbändige und
manchmal über das Sinnliche hinausgehende Fabulierlust ist hier am Werk, immer
wieder mündend in sehr feine Anschauungen, Beschreibungen.
„die Sonnenstrahlendeiner Finger öffnensanfte Tulpenmeiner Hände,greifen zwischenden Blütenblätternfestdie Seide meiner Nasenspitzetupftgleitetam Samt deiner Nasenflügel“
In den beiden
letzten Kapiteln geht es teilweise noch artistischer und unkonventioneller zu,
während Poetologisches verhandelt wird und außerdem (so mein Eindruck) die
Frage, ob Dichten Erschaffen oder Verwalten bedeutet.
Alles in allem
ist der Band, wie gesagt, ein bunter Mix. Darunter Gedichte, die (im
graphischen Sinn) über die Zeilenränder hinauswachsen, aber auch gereimte Verse,
Momentaufnahmen und Exegesen voller Wangenrot und Druckerschwärze. Langeweile
kommt nicht auf, denn man weiß nie, wie das nächste Gedicht es angehen wird.
„Wenn manmitten auf einer Brückeein Buch aufschlägtschwebt der Textzwischen Wasser und Himmelin der LuftNun denke die Brücke wegDas ist ein Gedicht“