Elisabeth Wandeler-Deck: aus <Zettel. Juliette>
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Foto: Ayse Yavas
Elisabeth Wandeler-Deck
aus «Zettel. Juliette»
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bis das Kind auf sich schaut. Aus den
Augen der Erwachsenen, vielleicht das Kind auch die Frage dann wieder
wiedergeholt auf Geburtstagskerzen hin abgezählt wie alt. Juliette, eben, salt peanuts, salt peanuts, eben
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dann Peanuts, Rebhühner dann Vollmond,
letzter aktuellen Winters allemal Mittwoch, an einem Mittwoch, das ja, hm,
Djémila erinnern, laute Tage in Constantine, was sich wiederholen kann, was
sich im Schreiben vermeiden lässt, was sich wendet, wenden mag, wende ich was,
das, wende an, um, hin, drehe und wende, eine frohe Wenderei, singen im Wind,
Saharawinde, was zu sagen bleibt, von den geraubten Tagebriefen,
Stellvertreterbriefen, habe nie Tagebuch geschrieben. dass das Thema Algerien aufscheint, ein
Erinnern ich erinnere mich ca. 1964 in der Gegend von Djémila¹ im Haus von drei jungen Frauen, sie aus Frank-reich, jung waren, sie im
Zusammenhang mit der Unabhängigkeit in der Gegend Gesundheitsarbeit /
coopération médicale /, wir mit der opération reconstruction befasst, waren,
Gast zu einem Mittagessen gewesen zu sein, zusammen mit H. Juliette, eben, und
die über Jahrhunderte gebauten Stadt Djémila, die Schöne also, warum, wer
weiss, die jüngsten Bauten eine Kirche
aus ersten Kirchenzeiten, die Ruinen erzählten wenig vom weiter zurückliegenden
Geschehen, sie die drei zeigten auf kleine Steinhäuser weiter unten es war
darunter eine der von Henry Dunants Mühlen, welche Art die Mühlen, Olmühlen,
Getreide, welcher Art Traumstadt Djémila, die Schöne, verlassene ab ungefähr 7.
/ 8. Jh., nach arabischer Eroberung, nein, nie unsichtbare Stadt, wer erzählt
da, Name Marco Polo, es liesse sich anknüpfen, halt den Faden fest, ruft
Ariadne Theseus zu, damit er wiederkomme, zu ihrem Leid dann, das sah sie dann
ein, sie die Fadenschenkerin, sehr herzlich, liebe Nadine, und toitoitoi,
Elisabeth, indes hier an dieser Stelle das Licht, der Duft des Staubs, der
abgeernteten Getreidefelder, der Klang des stetigen Winds genannt werden
sollte, wie sie auch Henry Dunant etc. so etwas von dem gesagt werden könnte,
dass es bleibt, wiederkehrt, jetzt etc. vom Schönen, somit. Und wer nun und was
heute da, man nennt es Weltkulturerbe, war da Lily, war Attika mit ihrem
griechisch anmutenden Namen, eine Benelmefti, somit einheimisch, wie hiessen
die Begründerinnen schon wieder, Aischa gar, nein, die mit diesen Namen kamen
später, Konstantin der Grosse, der Hübsche, der Erste, Stadtname ² angetroffen die Benennung weitergetragen, das schöne Latein, man nannte sie,
aber wer denn, mit Namen Constantina möglicherweise schon klassisch, noch
klassisch wer weiss, die Dichterinnen, wie sie so sangen über den Rhumel
hinweg, die Brücken, im Lauf des Wassers unter dem Mühlenrad hinweg oder auch
darüber hin, eben, welcher Art Mühle, Dunants Mühle, eine gar mehrere in
weiterer Gegend höre den Stadtnamen Sétif, gab es Adressen, gar Müllerinnen,
des Henri, des Dunant, keine Ahnung, liebe Nadine, Fäden, singt eine,
Windpapier, Falten, Windfalten, in Theodoras Tüchern, ihr Abbild fehlt, beim
Bahnhof falls Bahnhof, falls Statue, falls, da liesse sich manches behaupten,
die Kopie einer Büste Kopfs Konstantins halt aufgesetzt dem Sockel, dem
Kriegerleib, faktisch. Fotos dienen der Bestätigung, die stillen Klänge der
Oud, vom Dache eines Hauses, mein Bewohnerinnenblick vom Balkon her, Av, Aouati
Mostefa, die Hausnummer, ich horche, den Hämmern nach, den Schlaginstrumenten,
jemand singt, sie singt, doch, doch, sie singt. Jemand presst die Darbuka unter
den linken Arm, sehe die Form, Vase, gebrannte Erde, gespannte Haut eines Zicklein,
die Ziegenhaut muss über der Kohlenglut getrocknet werden, bis sie die
gewünschte Anspannung, ein heller Klang, der Rhythmus, der Rhythmus, geschlagen
mit nackter Hand, dem gekrümmten., dem Schlagholz darüber sich ziehend, die
langen Töne, was kann der Vokal zwischen den lauten, dem Konsonieren
zuträglich, ah, begehen, sehe die verlorenen Briefe, nicht sie sehe ich, sehe
mich schreiben, an Tagebuch statt, als Berichtabfolge, an Mama, Abfolge von
Tagen in Algerien, avec ça ils veulent construire un pays, so M. Pager, der
Bürochef, wie war schon sein Vorname, welche Namen trugen die Kinder, den Bub
riefen die Eltern Philippe, da war ja noch das Töchterchen, heftige Kinder,
höre den Laut Cathy, arrête, Cathy, an der Wand, an einem Haken der Martinet,
mit dem wiederholt und immer wieder gedroht wurde, war er je in Gebrauch
gekommen, den Buben auszupeitschen
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mit einigen Augen Stichwörter Abstände.
Umgänge. Sticheleien. Auch Untergründe. Auch Zerläufe. Ihn lasse ich nicht ans
Steuer. Wörter für die Fassade. Grund, Fundament, Aushub, Dach. Kork für die
Isolierung. Sage Kunst, Bau, verknüpfe. Ein Rebhuhn, du, nochmals du, den
Namen, Rebhühner in grosser Zahl ich bremse ab. Wir, er und ich, der Kauer und
ich, wir haben uns verfahren. Im Nichtverstehen der hübschen Rebhüher des
Verstehens in Grammatiken zu lange Aug in Aug im Wind der Estremadura, oben auf
der Passhöhe, falls du so wollen willst, es handelt sich um militärisches
Gebiet und der Motor ist umgestanden. Militärs können auch helfen, das ist mir
ganz und gar nicht lieb, auch dem Kauer nicht. Juliette, eben. Die Einmündung
in Richtung Estremadura übersehen gewollt haben, er, der Kauer, etwas passt
hier nicht. Der Motor springt an, wir dürfen weiter, die Lage im Land ist
angespannt, Franco liegt im Sterben und über die Grenze proben sie die neue
Gesellschaft. Sandstrasse. Rebhühner. Schotterweg. Frisch aufgebrachter
Asphalt. Wir münden und nehmen die Richtung auf. Salt Peanuts ab jetzt im
Erinnerohr. Jetzt ist jetzt. Chronoportiert warum
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welcher Zustand gilt jetzt da zwei von
mehreren sie ruft Gegenwart ruft wie alt es denn sei, das Kindlein wie viele
Tage, wie, viele, Monate, drei sechs, elf Monate, ach ja, ein Jahr schon erst
ein Jahr, nicht älter, älter sieht es aus, und kann schon, es spricht schon,
sauber ist es schon, aber ja, immer noch, nässt es ein. und fährt allein schon,
Strassenbahn. Geht, geht zur Schule, welche Klasse und bildet Gartenweg sehr
sparsam aus dem Gleichen liebt sie Scrabble jedes Fragment. Augenblicklich,
ohne offensichtliche Verbindungen zum nächsten, durch eine akribische
Untersuchung jedes kleinsten Teilchens des Klangereignisses, sie liebt.
Scrabblemama liebt Scrabble, mag sein sie liebt Salt Peanuts, Charly Parker,
Dizzy Gillespie. Das ist klar war so und was sagt die Uhr zeigt sie so klar
stundenlang während Stunden mehrheitlich Stunde um Stunde drehte die Würfel
dann warf sie erbost warf sie und so weiter eine fröhliche Zuträglichkeit ja.
So gnädigst so hübsch mamahaft und endlich ruft, Juliette, eben. Hallo ruft
sie, anruft, frühmorgens, aus dem Spiel, das Spiel, aus, so voll der Gnade
ausgegangen, da geht sie hin, geht dahin, ja, Mama ist ausgegangen,
offensichtlich sie, da, auch du da, du fehlst, ach ja? wem denn? Denn? und
indes kann ja so mancher durch und durch gehen, heureux die längste Zeit,
gestockt vertikal vertieft vorverzögert entlassen belassen
¹ Welkulturerbe
Djemila (weltkulturerbe.com)
² Constantine
(Algerien) – Wikipedia