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Elena Mpei: was wir beinahe übersahen

Gedichte > Gedichte der Woche
Elena Mpei
was wir beinahe übersahen                                                               


nur leichtes gepäck, gebt acht!
sagt der karawanenführer - und:
das wird die mitreißendste durchquerung
einmal ohne zurück und bekanntes ziel
durch den wüstensand

oh, aber liebling, sagst du, bevor wir in neue breitengrade aufbrechen
lass uns noch schnell einen schlussstrich in den sand kerben
alle bisherigen wohnadressen aus unsrem atlas wischen
die kaffeetassen mit städtenamen
unserem sesshaften nachbarn übergeben
alle augenpaare und handinnenflächen die fehlen werden
von unseren körpern schälen
(und auch die zungenküsse aus unsren mündern fegen -- )

der wüstenweg zehrt an uns
wir möchten nicht umkehren aber
wir suchen sein absehbares ende
während unsere augen sagen
diese reise wird die letzte

doch der karawannenführer zuckt mit den schultern und
führt uns ins ungewisse
jene dunklen falken über uns könnten ihn
nicht weniger kümmern --
schaut her, sagt er, und zeigt auf
ausgetrocknete ineinandergerollte zweige
die wir für vergangen hielten
die wir beinahe übersahen:
die rose von jericho
die auferstandene
streckt ihre arme

erinnerst du? das war der tag
an dem du deine leise mitgereisten
wohnadressen, kaffeetassen, küsse
mit dem wort morgen beschriftet hast


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