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Eirik Lodén: DER BRUDER VON CRISTÓBAL COLÓN ZU SEIN WAR KEIN VERGNÜGEN

Gedichte > Gedichte der Woche
Eirik Lodén

DER BRUDER VON CRISTÓBAL COLÓN ZU SEIN
WAR KEIN VERGNÜGEN

übersetzt von Klaus Anders


Der Bruder von Cristóbal Colón zu sein
war kein Vergnügen, und als Gefangener
    der Berühmtheit des Bruders hier zu
         bleiben, als der heimzog im Triumph, und

die Ureinwohner festzusetzen, bevor
sie ihn festsetzen, besiegen konnten im
    Triumph, und du, aus dem nach diesen         
         beiden Verwegenen benannten Land ge-         

kommen, du hättest hier sein sollen! all das
gesehen haben: wie die Meertraube wächst
    an nüchtern-klaren Rispen vor den
          schäumenden Mäulern der Flut mit weinblau-

korallengrauen Zähnen... Und der Windbaum spielt
auf trauerblauen Gitarren Merengue,
    Geklimper, das eine ganze Nacht
         währt, ein Fregattvogel, Flügelspanne

wie Segel weit, ist der Fregatte gefolgt,
und du wirst bald mit den Haien schwimmen, kannst
    in diesem Fahrwasser noch manches
         lernen, du findest da Galeonen

voll Golddublonen als Augenklappe und
Belohnung für den, der tief genug gräbt.
    Wir auf dürren Gäulen nordwärts, sie
         kamen in Fahrt erst, als sie den Heimstall

schon witterten, wie wir im Jeep das Restaurant,
wir auf der Pritsche, spürten: bald Futterzeit,
    dann fiel der Strom aus („wieder mal“) als
         würde ein Glühfaden ausgeblasen,

ein Blink, und nach dem Stromausfall: Wolkenbruch,
Blitz und Donner, der Mond ausgeblasen, weg
    wie die verschlissene Münze im
         Loch eines Futterstoffs, einige hob

ich auf für dich, du sammelst sie doch, so wie
alles sonst, Steine, Federn, Schlangen im Glas,
    ich kaufte auch ein ganzes Set vom
         Aussterben bedrohter Schmetterlinge

in Glas und Rahmen, aufgespießte Augen-
blicke, von einem Zuckerrohrarbeiter,
    er hatte Hände, vernarbt wie von
         grünen Macheten, ein Grün im Streit mit

Blutrot, Zuckerweiß, die Farben raffiniert
aus all dem Zeug... Don Bartolomé Colón
    vor Papageien und Papaya,
         Kuhreihern, Brackwasser und Mangroven.

(Santo Domingo, 1999. Für R.S.)


Eirik Lodén, geb.1975 in Stavanger, Norwegen. Schriftsteller, Literaturwissenschaftler, Übersetzer, Literatur- und Musikkritiker. Er debutierte 1993 mit "Preludium. Gedichte und Nachdichtungen", Aschehoug Forlag. Publizierte Poesie, Essays und Übersetzungen.
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