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Dorothee Krämer: Drei Gedichte zur Himmelfahrt

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Dorothee Krämer

Drei Gedichte zur Himmelfahrt


Himmelsfahrt

Sie müssen mich lieben oder hassen
wenn ich in den Himmel verwehe
das Meer vor mir verschwindet
und ich in der Hand die verbrannten
Papiere der Erinnerungen trage
durchbricht ein zäher Bilderstrudel
die ausgebeulte Wolkendecke

dort gibt es kein hinaufkommen

ich muss mich verstecken
doch wo
der Himmel ist immer zu groß



Verhandeln

Mit einigen Mühen
reiße ich mich aus den Silben los
sie sind jetzt Waisen während ich
im Irgendwo die Stimme Gottes
wie ein Andenken
ganz zaghaft mitnehme

In zugiger Nachtkühle
beschaue ich einen schwankenden
Horizont der so tut als würde er etwas mit
mir verhandeln wo er doch gar nichts weiß



Noch immer

stehe ich mit meiner Hoffnung herum
immer nahe am Tod
drehe ich
großmütterlich alle Seufzer dreimal um
schleuse sie wie Kleingeld ins Dunkle
lege einige Scheine Mut dazu
um die Angst nicht alleine zu lassen


Dorothee Krämer, geb. 1971 in Wuppertal, dort studierte sie Germanistik.
Heute lebt sie im niedersächsischen Bad Essen. Sie ist Dozentin für Alphabe-tisierungs- und Integrationskurse. Gedichte veröffentlicht sie in Literaturzeit-schriften und Anthologien.
2020 erhielt sie den Ulrich-Grasnick-Lyrikpreis und war Preisträgerin beim Land-schreiber Wettbewerb 2024.

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