Dilek Mayatürk: Nach dir
Gedichte > Gedichte der Woche

Foto: Dirk Skiba
Dilek Mayatürk
(übersetzung
von Achim Wagner)
NACH DIR
Nach
dir
Schlug
ich wie ein Blitz in mein eigenes Leben ein.
Zuerst war ich ein Lichtschein, ich freute
mich
Danach
fiel es mir schwer, mir selbst zu Hilfe zu kommen.
Nach
dir
Fielen
mir im Schlaf stets die Zähne aus
Jeden
Morgen wurde mein Gesicht frisch verknotet
Mit
einem unsichtbaren Faden nähten sie meine Lippen zu
So
verstummte ich dann eben.
In
einem falschen Lächeln liegt jetzt meine ganze Freundlichkeit
Wie
eine billige Anstecknadel habe ich es in mein Gesicht gehakt.
Nach
dir ist mir kein Ort geblieben, zu dem es mich hindrängt,
Und
nichts, was mich antreibt.
Der
Zweig eines Baums ließ mich an dich denken,
Jetzt
stell du dir vor, wie der Wald aussieht.
In Dilek Mayatürk: Brache. Gedichte. Übersetzt von Achim Wagner. Berlin (Hanser Berlin) 2020.
128 Seiten. 20,00 Euro.
Dilek Mayatürk, geboren 1986 in Istanbul, studierte in
Istanbul und Klagenfurt Soziologie. Als Dokumentarfilmerin und -produzentin
arbeitete sie u.a. für IZ TV und die BBC. 2014 erschien ihr erster Lyrikband Cesaret Koleksiyonu („Mutsammlung“). Im
September 2020 erscheint bei Hanser Berlin ihr zweiter Lyrikband Brache auf Deutsch und Türkisch. Für ihre
Gedichte wurde sie in der Türkei mehrfach
ausgezeichnet. Sie lebt und arbeitet in Berlin.
