Diana Seuss: Frank: Sonette
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Jan Kuhlbrodt
Diane Seuss: Frank: Sonette /
frank: sonnets. Englisch / deutsch. Übersetzt von Franz Hofner. Augsburg (Maro
Verlag) 2023. 312 Seiten. 28,00 Euro.
Zu Diane Seuss: Frank - Sonette
Es ist ein Buch, das ich mit
Spannung erwartet habe, ganz aufgeregt war ich, als ich die erste Ankündigung
des MaroVerlags las, und im Frühjahr landete es dann endlich in meinem
Postkasten. Ein Querformat, den teilweise sehr langen Versen geschuldet, aber
es liegt auch quer zur mir bis dato bekannter amerikanischer Lyrik.
Ich begann sofort zu lesen. Und das Buch katapultierte
mich in die jüngste Geschichte der Vereinigten Staaten. Und zwar nicht in die
Geschichte mehr oder weniger erfolgreicher militärischer Operationen, sondern
in die einer fortschreitenden gesellschaftlichen Korrosion, mithin in ein
mürbes Amerika, dessen Kern zerbröselt. Und wahrscheinlich war seine
schillernde Ausstrahlung schon immer Ideologie.
Diane Seuss ist 1956 in Michigan
geboren und wuchs in proletarischen Verhältnissen auf, bevor sie nach New York
City zog. Das formierte sicherlich ihren Blick auf die amerikanischen
Verhältnisse. Es ist, meine ich, ein Blick von schräg unten, ein Blick, der,
wenn man so will, auch einiges gerade rückt. Die sozialen Verwerfungen nehmen
darin Formen scharfer Schlagschatten an.
Das Buch versammelt insofern
Sonette, als dass sich die einzelnen Texte auf die für die Form üblichen
vierzehn Verse beschränken, aber die sonstigen Konventionen von Rhythmus und
Reim weitgehend außer Acht lassen. In der Form also spiegelt sich das, was auf
sozialer und politischer Ebene abgeht. Dabei aber geschieht dennoch so etwas
wie ein künstlerisches Wunder. Das Ganze strahlt durch die formale Differenz
eine enorme Kraft aus und einen beeindruckenden Trotz.
Das Wunder wiederholt sich auf der narrativen
Ebene. Die zeitliche Abfolge wird in einzelne Spots aufgelöst. Die Momente
schieben sich kaleidoskopisch ineinander, so dass die biografischen Stationen
nicht einzeln durchlaufen werden, sondern blitzlichtartig nebeneinander
aufscheinen und sich gegenseitig illuminieren.
Der Band ist zweisprachig. Der
amerikanische Text wurde von Franz Hofner kongenial in eine deutsche Fassung
gebracht. Auch das ermöglicht beim Lesen ein Springen zwischen den Sprachen und
mithin einen erhellenden Diskurs.