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Carl-Christian Elze: Ich lebe in einem Wasserturm, was albern ist

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Hans-Karl Fischer


Die meisten der zehnversigen Gedichte von Carl-Christian Elzes Gedichtband „ich lebe in einem wasserturm am meer, was albern ist“ beginnen mit dem Wort „ich“. Genauer: sie beginnen mit einer Selbstbeobachtung des lyrischen Ichs, die auch eine Selbstbeschreibung in neuer Umgebung sein kann. Nun kann man sich zu einer Selbstbeobachtung auf entgegengesetzte Art verhalten: man kann sich bestätigt fühlen, weil man wieder einmal zu sich selbst gefunden hat; man kann sich aber auch verunsichert fühlen, indem man sich fragt, warum kommt dieser triftige Gedanke unter Tausenden von seinesgleichen gerade jetzt daher und was ist es eigentlich, was an ihm dran ist?

Bei Carl-Christian Elze ist es nicht die vorschnelle Bestätigung,  die auf die Selbstbeobachtung folgt, sondern eine leiden-schaftliche Verunsicherung. Zugleich geht mit ihr der Wille einher, aus der Selbstbeobachtung wirkliche Selbsterkenntnis zu machen. Deshalb sind die Verse, die der ersten Beobachtung folgen, ein Nachsetzen. Das lyrische Ich läßt seine ohnehin flüchtige Selbstbeobachtung wieder frei und verfolgt sie dann in der Richtung, die sie von sich aus in seinem Inneren nehmen will; dadurch versucht das lyrische Ich, das zufällig Erhaschte des ersten Verses dingfest zu machen. Typisch für dieses Nachsetzen ist der relative Satzanschluß, der schon im Titel des Gedichtbandes vorkommt. Es ist eine Jagd von der Selbst-beobachtung zur Selbsterkenntnis, in der das lyrische Ich zugleich Jäger und Gejagter ist.

Die Jagd führt den Leser, der zu ihrem Zuschauer gemacht wird, durch die konkrete Umgebung oder über die Felder sprachlicher oder symbolischer Assoziationen, wobei sich zwischen den Versen, die meist mit den Sätzen übereinstimmen, erstaunlich viel lyrisches Funkeln finden läßt.


„ein bunker steht in der brandung, seine augen sind freundlich.
ich weiß, ich kann mich nicht auf meine augen verlassen.
alles, was ich sehe, ist ein versteckspiel zwischen mir und der luft.“


Da sich das lyrische Ich in den Jäger und in den Gejagten aufteilt, fallen Mut und Angst zusammen, wobei es aber nicht gesagt ist, ob der Gejagte nicht den Mut hat, auf den Jäger beziehungsweise den ersten Vers zurückzulaufen. Vorne und zurück erscheinen als die gleichen Richtungen. Ein bestimmtes Wiederfinden als teilweise Selbstdefinition steht am Ende des Gedichtes; die Tatsache, daß man sich für alle Zeit festlegt, kann allerdings auch zu einem Ineinander von Mut und Angst führen:


„ich lebe in einem wasserturm am meer, was albern ist
ich bin immer versalzen, aber das süße halt ich nicht aus.
eine katze schlich ums haus & hat sich auf den rücken geworfen.
was das nur soll? ich will keine ergebenheit, ich will liebe.
woher ich meine liebe nehme, ist mein größtes geheimnis.
ich habe einen tank voll davon, aber nicht in meinem turm.
ich bin oft betrunken vor liebe & oft ein stinkendes feld.
das meer ist eine katze, der ich nichts anvertrauen kann.
in den dünen finden sich manchmal die knochen von engeln.
trete ich aus meinem turm heraus, liebe ich heftig die sonne.“



Carl-Christian Elze: ich lebe in einem wasserturm am meer, was albern ist. Gedichte. Wiesbaden (luxbooks) 2013. 109 Seiten. 22,00 Euro.


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