Birgit Kreipe: scheune, mit einer schindel von sylvia plath
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Foto: Ulrich Schäfer-Newiger
Birgit Kreipe
scheune, mit einer schindel von sylvia plath
seit letztem herbst wachsen schwarze scheunen
um unser haus. im frühnebel verziehen sich
ihre mieter, katzen, zerraufte mäuse.
sie riechen nach fernen rauchern.
es sind alte mutterkorn-gespenster!
du sagst: nur irritationen der luft
wie fledermäuse oder gedanken
das kommt von zu hohen tönen im ohr.
dabei wachse ich rückwärts. bin wieder klein.
lerne gerade erst unterscheiden:
roten und schwarzen klee.
warum den löschkalkhaufen ein moos überzieht?
marienkäfer. totengräber. die käfer krabbeln.
ich denke: bald haben sie zeit für mich.
heute kam die ernte herein, stroh wie ausgekämmtes haar
und stickstoffsäcke. die katze humpelt zurück, abgekämpft wie ein veteran
die letzten blumen flackern und gehen aus.
die dunkelheit grast schon, schwarzes vieh mit schwarzen hörnern
hörst du das trappeln?
regen lamentiert die ganze nacht
durch blechrinnen huschen stunden.
die eulen fliegen zu dicht ums haus, die sie ausrufen
und ich warte, bis sich der kleine tag aus seinem versteck wagt
sich zu mir setzt mit seinen lichtnelken, milch und zucker
seinen bärenstarken wachhunden.
In Birgit Kreipe: SOMA. Gedichte. Berlin (kookbooks) 2016. 80 Seiten. 19,90 Euro.