Àxel Sanjosé: Terzinen am Nachmittag
Àxel Sanjosé
Terzinen am Nachmittag
Es ist viel früh’r geworden, als ich dachte,
doch werd ich, Tod, dich keineswegs vertrösten;
gestatte bloß, dass ich aufs Hähnchen achte
ein Viertelstündlein noch, es ist am Rösten
und würde unbehütet ganz verkohlen.
Bleibt’s roh, verdirbt’s, und das fänd’ ich den größten
Affront. Unter dem Vorwand, was zu holen,
kam meine Tochter heut und ließ, ganz ohne
dies zu erwähnen, gradezu verstohlen,
gewürzt mit Knoblauch, Rosmarin, Zitrone,
das halbe Tier da wie ein heimlich Zeichen.
Welch grober Undank würde ihr zum Lohne,
käm sie – das Monatsgeld droht nicht zu reichen –
in ein paar Wochen mal vorbei und fände
statt einer zwei schon gut verweste Leichen.
Und schlimmer noch: Es schiene ihr zuletzt
– nein, Tod, das kannst du nicht auch wollen –,
als hätt ich ihr Präsent nicht wertgeschätzt.
Nein, Tod, das kannst auch du nicht wollen.
Erschienen in: Der Dackel. Blätter für Asphaltliteratur. Nr. 2, Frühjahr 2017 (Edition Samisdat, Wien)