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Áslaug Jónsdóttir: Zur Erinnerung und zwei weitere Gedichte

Werkstatt/Reihen > Reihen > Wortlaut Island

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Foto © Rakel Run Garðarsdóttir
Áslaug Jónsdóttir

Zur Erinnerung
und zwei weitere Gedichte

(Aus: Til minnis: Texti og ljósmyndir / Zur Erinnerung: Texte und Fotografien / Mál og menning, Reykjavík 2023)

Aus dem Isländischen von Jón Thor Gíslason und Wolfgang Schiffer
 

zur erinnerung:
anbauen
                  rüben
                  kohl
                  kräuter
bewundern
                  küken  
                  hummeln
                  spinnen
lobpreisen
                  das morgenlicht
                  den sonnigen tag
                  die stille des abends
die sonne feiern
die wurzeln gießen
umherschwirren
wie eine fliege
während die welt untergeht



ein wunder

ich flüstere
traue mich nichts anderes:

ein wunder bist du
kleine muschelschale
dass du nicht zu zerborsten bist
so dünn
und zerbrechlich
mit blauen augen
und zerbrochener hoffnung
über das leben
das in dir war



ein netz

in der morgensonne
aus norden
glitzert ein dünner faden
in kühnheit gesponnen  
über nacht
zittert im windhauch
des offenen fensters
so ungesichert wie ein traumsymbol

abends
ist der traum vergessen
und der faden zerrissen


Áslaug Jónsdóttir studierte Bildende Kunst in Reykjavik und Kopenhagen und arbeitet als Illustratorin, Autorin, Grafikdesignerin und bildende Künstlerin. Sie hat zahlreiche Bilder-bücher, Gedichte und Kinderstücke für das Nationaltheater in Island geschrieben und illu-striert, dort war sie auch verantwortlich für das Bühnenbild. Für ihre Arbeit erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen; ihre Bilderbücher wurden in vielen Sprachen veröffentlicht.
Áslaug Jónsdóttir ist zweifache Gewinnerin des isländischen Illustratorenpreises und erhielt zusammen mit den Co-Autoren Kalle Güettler und Rakel Helmsdal den isländischen Li-teraturpreis 2017 in der Kategorie Kinder- und Jugendliteratur für Skrímsli í Vanda / Monster in Schwierigkeiten. Ihre Werke wurden für die IBBY-Ehrenliste für Illustrationen ausgewählt, für den Kinder- und Jugendliteraturpreis des Nordischen Rates sowie für die Hans-Christian-Andersen-Preise und den Astrid-Lindgren-Gedächtnispreis nominiert. Zusammen mit dem Autor Andri Snær Magnason erhielt sie 2002 für Sagan af bláa hnettinum / Die Geschichte vom blauen Planeten den West-Nordic Children’s Literature Prize und 2014 den UKLA Award. 2008 gewann ihr erstes Bühnenstück Gott kvöld / Guten Abend den isländischen Theaterpreis als beste Kinderproduktion des Jahres. Für dasselbe Stück wurde sie 2010 auch für den Nordic Drama Award nominiert.
Ihr Gedichtband til minnis: / zur erinnerung: wurde 2023 veröffentlicht und enthält u.a. zwei Gedichte, die beim Ljóðaverðlaun Jóns úr Vör, dem Wettbewerb um den Jón-úr Vör-Poesiestab mit dem 2. Preis ausgezeichnet wurden oder eine besondere Anerkennung erhielten.

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