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Armin Steigenberger: Über verschwundene Orte gesungen

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Armin Steigenberger



Über verschwundene Orte gesungen
– Leseeindrücke von O. Period.




Ich will jetzt nach O, sagte ich plötzlich. Was wollen sie denn in O, sagte der Mann. Eine rein persönliche Angelegenheit, sagte ich. Sie können den Ort auf zwei Wegen erreichen, sagte der Mann und verabschiedete sich. Drei Tage ging ich dahin, ohne nachzudenken. Jemand nahm einen Hut ab. Das war ich. Jemand zog einen Schuh aus. Das war ich auch. (Aus: Ror Wolf, Die Vorzüge der Dunkelheit – Neunundzwanzig Versuche die Welt zu verschlingen)


O. – So lautet der Titel des Debütbands von Christoph Georg Rohrbach, im Format der schmalen aber gehaltvollen Parasitenpressebändchen. Auf dem Cover füllt der Name Christoph Georg Rohrbach die ganze Breite des schwarzen Rahmens aus. Christoph Georg Rohrbach klingt wie ein altehrwürdiger Dichtername, vielleicht geboren um die Jahrhundertwende des 17./18. Jahrhunderts. Und ohne den klassischsten aller Dichternamen bemühen zu wollen, höre ich doch so Namen wie Johann Christian Günther, Gotthold Ephraim Lessing u.a. mitschwingen. Kürze ich die Vornamen ab, bin ich beim Vornamen eines bekannten Psychologen. Immerhin bildet der Name in seiner Mächtigkeit, das Passepartout ganz ausfüllend, einen herben Kontrast zum trashigen Stil der Heftreihe. Meines Wissens waren die ersten die früheren, „klassischen“ (!) Parasitenpressenbände tatsächlich aus den Umschlägen der Absagen anderer Verlage gefertigt – ein heute immer noch revolutionär anmutendes Konzept.



Darunter steht „O.“, also nicht nur O, sondern O. Punkt
¹. Das weckte, noch bevor ich den Inhalt des Bandes kannte, sofort meine Assoziation: hier soll etwas abgekürzt werden, ein Wort, das man nicht aussprechen bzw. ausschreiben kann oder möchte; vielleicht, weil es provokativ, tabubehaftet und schmerzvoll ist. Oder vielleicht, weil es einem peinlich sein könnte – so etwas wie Orgonwolke, Obsessivsex, Onaniesucht oder Orgasmusdefizit? Ist es gar eine Anspielung auf die Geschichte der O aus den der 1950er Jahren, von Anne Desclos (auch Dominique Aury), unter dem Pseudonym Pauline Réage veröffentlicht, jenem Skandalwerk um sadomasochistische Liebespraktiken?

Warum also wird das Wort abgekürzt? Das genau könnte das Geheimnis des Buches sein. – Eins ist klar: Die Abkürzung steigert das Geheimnis, sorgt vorab für prickelnde Spannung. Man wird ungeduldig und will sofort wissen, was dies obskure O. zu bedeuten hat.

Was passiert, ist zunächst eine immense Bedeutungsaufladung. Ein einziger Buchstabe wird enorm strapaziert, erhält Gewicht und wird prägnanter Platzhalter für so manches, das sich phantomartig hinter einem ominösen O. verbergen könnte – könnte ... Es tritt Spekulationen los. Der Autor hält sich zurück, kommentiert in Blogs nur sporadisch, hält sich bedeckt; schürt die Vernebelung, in der manch ein Leser stochert.

Aber vielleicht ist da gar nichts? Ein O. feixt frech vom Cover herunter und hat womöglich gar nichts in petto? Man beginnt zu rätseln und entwirrt es natürlich nicht. Manche Dinge, die mit O. beginnen, sind so grauenvoll und tabuisiert, dass man sie nicht beim Namen nennen kann. Man schweigt. Die Geschichte kennt viele Worte mit O. und viele Orte mit O. Der Duden ist voll von Wörtern mit O. Da man es ohnehin nicht auflösen kann wie ein Zeitungsrätsel, ist jede Spekulation müßig, was der Autor denn nur gemeint haben könnte.

Zunächst sind da zehn Gedichte, die allesamt Ortsnamen tragen und eine ähnliche Form haben. Dadurch könnte eine Route markiert, ein System aus Orten benannt worden sein. Die Texte ließen sich in ein gängiges Genre stopfen; aus ein paar Meter Entfernung draufgeblickt schauen sie aus wie Landschafts-, ja Reisegedichte oder (geschichtlich diffizile?) Aufarbeitungsgedichte, anhand – sagen wir – prekärer Landschaften im O., im Osten. Gedichttitel wie bezděz, krzeszów, adršpach, lasota u. a. markieren einiges. Beginnt man weiter zu graben: Die Aufarbeitung zwischen Ost und West ist nach wie vor schwierig. Nicht nur zwischen Tschechien und Deutschland, nicht nur zwischen Polen und Deutschland: O. wie Osten, O. wie Ostalgie. Da liegt vieles in undurchdringlichem Dunkel, O. Ein geschichtlich sehr belastetes Dunkel, das nicht zu lichten ist. O. wie opak?

Aus dem Gedicht kluk:

(...)
sammelnd bei not ein bewahrungsort: fast

zerstreut gebete wenige meter weit
am aus des dorfes; mühevoll baut ein mann
am frischen haus im alten stil quer
setzend die balken, nur randbemerkung


Zunächst habe ich mir die Orte als Route bei Google Maps in einen Routenplan eingetragen und erreichte die maximale Zahl der möglichen Stationen, noch bevor ich einen weiteren Ort mit O. noch hinzufügen konnte, der in etwa auf dieser Linie liegt. Dadurch wird sichtbar, dass sie von Tschechien bis hinüber nach Polen (Woiwodschaft Kleinpolen) reichen, verteilt sind, allerdings keiner Linie folgen. Es fällt dabei auf, dass Google neuerdings die Orte oft in ihrer ehemals deutschen Notation schreibt. Zudem ist auch nicht immer klar, welche Orte gemeint sind. Bald wird einem bewusst, dass es um Gebiete geht, die von den Deutschen im 2. Weltkrieg besetzt waren. Bei manchen Gedichttiteln wie nedoveska ist auch die Schreibweise fraglich, denn werden bei anderen Orten immer die tschechischen Namen verwendet, so sind Nedoweska (tschechisch Nedvězi) oder Liebenau die „deutschböhmische“ Schreibweise. Einige Orte sind anhand ihrer im Band verwendeten Namen nicht klar zuzuordnen – und vielleicht geht es ja genau darum? Vielleicht geht es beim Text liebenau um die Tatsache, dass es eine ganze Reihe von Orten Liebenau gibt
², auch wenn die letzte Zeile des Gedichts einen genauen Ort zu markieren scheint: liebenau, kriechend fort zur schlesischen grenze, / trennt dort polen und tschechien (...).

Oświęcim, das polnische Wort für den Ort Auschwitz, gesprochen Oschwientschim, liegt an der Strecke, wie auch Opole, Oppeln. Orte mit O. Doch so einfach ticken diese Texte nicht. Auch bei Ror Wolf ist O (ohne Punkt!) ein Ort. „O.“ kann einfach Ort sein. Wer einmal z. B. im Sudetenland war, weiß, dass es dort immer wieder Schilder und Tafeln gibt, die auf verschwundene Orte verweisen. Ich habe ein paarmal unterschiedliche Teile Tschechiens bereist und war mehrfach in Polen, weil es verwandtschaftliche Bezüge zu Schlesien gibt. Ich besuchte dort mit meinen Eltern 1978 das Konzentrationslager Auschwitz, Oświęcim. Einen Text zu Oświęcim findet man nicht.



Bei dem sudetendeutschen Anliegen gibt es zwei Seiten. Das Wenigste ist wirklich aufgearbeitet, so mein Eindruck. Die Tschechen verdrängen es und reden auch nicht darüber. Viele der in Deutschland lebenden ausgesiedelten Sudetendeutschen sind rechtskonservativ, haben sehr feste Meinungen zu ihrem eigenen Heimatverlust, haben aber an einer Kultur der Aufarbeitung hinsichtlich Versöhnung kaum oder gar kein Interesse. Viele deutsche Webseiten zum Thema bestätigen das. Der Bund der Vertriebenen (BdV) kümmert sich um die Schicksale deutscher Vertriebener. Aussiedler heißen heute Zuwanderer mit deutschen Wurzeln. Auf der tschechischen Website antikomplex.cz, die mehrsprachig ist und sich in diesem Punkt um Objektivität bemüht, lässt sich anhand von Fotografien (wie es früher war und heute ist) auch sehr viel geschichtlich nachvollziehen. Man versteht auf einmal, warum die alte Bausubstanz (sofern überhaupt noch vorhanden, es sind vor allem Kirchen) unliebsam als halb verfallene Fremdkörper dastehen. mit gotischer leichtigkeit verschleiert / maßwerk fein das gänzliche fehlen decken / tragender pfeiler. Die tschechischen Anwohner renovieren die alte Bausubstanz nicht, weil sie abgesehen vom mangelnden Geld auch gar keinen Bezug dazu haben, weil ihr Zuzug oft nicht freiwillig erfolgt ist. Es ist bis heute noch ganz schwierig, all die Prozesse der Zwangsumsiedelung, systematischer Aus- und Entsiedelung, Vertreibung und Abwanderung während und nach dem 2. Weltkrieg nachzuvollziehen, geschweige denn zu verstehen, da es wenig Fakten gibt, die objektiv dargestellt werden. Es gibt um all diese Themen ein großes Tabu; hier ist Völkerverständigung sehr schwierig. Insofern könnte O. einfach die Abkürzung für Ortschaften sein, die dort verschwunden sind. Über das Sudetenland fand ich folgenden Absatz
³:

In einer Datenbank im Internet sind über 1300 Orte in Tschechien verzeichnet, die ganz oder teilweise verschwunden sind. In den Grenzgebieten der böhmischen Länder, den ehemaligen Sudetengebieten, sind nach 1945 hunderte Ortschaften verschwunden, weil die deutschen Bewohner aus ihnen vertrieben wurden. Andere Dörfer wurden in den fünfziger Jahren aufgelöst, weil sie zu dicht an der Staatsgrenze lagen.

Die Wikipedia-Seite von Nedoweska
weist explizit Personen und Kriegsopfer aus.

nedoveska

schleppend stiegen sie auf, laufen erschrocken fort
nieder, talwärts zum hof, wo sie den schutz vor uns
störern annehmen, wissend,
unser schleichweg zerrinnt hinauf.

(...)


Man könnte sich, weil so vieles im Dunklen liegt und aus vielerlei Hinsicht heraus auch nicht wirklich ausgesprochen werden kann, stattdessen nun konzentrieren auf die hard facts dieser Gedichte, all das Sichtbare beschreiben, die Vernebelung etwas lichten – sprich die architektonischen Bezüge der Gedichte hervorarbeiten und metrisch belegen, wie diese Gedichte einzuordnen seien; als da wären 10 Gedichte à drei vierzeiligen Strophen.

Hierbei fällt auf, dass die Gedichte in Odenstrophen gefügt sind. Rohrbach verwendet alle drei Formen der Odenstrophe. Gleich das erste Gedicht gebraucht die sapphische Odenstrophe in Hölderlinscher Bauweise, erkennbar am alternierenden Daktylus. Das Delikate daran ist, dass es von Friedrich Hölderlin genau eine sapphische Ode gibt. Hier wird an Einzigartiges angeknüpft – soll angeknüpft werden? Unter den Alpen gesungen ist Hölderlins einziges Gedicht, das nicht in Deutschland, sondern „in der Fremde“, in der Schweiz entstanden ist. In mehreren Hinsichten also ein Unikum, ein Sonderfall. Im Kontrast zu Rohrbachs Gedicht ist es siebenstrophig. Man muss dem Autor zugutehalten, dass es zunächst nicht auffällt, dass es wohl nicht vielen Lesern beim Lesen bewusst wird, dass sich, bis auf den letzten Text, alle in eine der drei „gebräuchlichen“ Odenstrophen einfügen. O. wie Odenstrophen. O. wie Opulenz. Schwer zu sagen, ob die Schwere, die sich die Texte zusätzlich durch das Versmaß aufbürden, ihrem Thema – so weit ich es oben umreißen konnte – zu- oder abträglich ist? Bei manchen Gedichten würde ich mir, anstatt der stringenten Eleganz einer Odenstrophe, ein lapidareres Sprechen wünschen; keines, das sich angesichts der Gräuel der Naziherrschaft und der Schrecken von Vertreibung und Zwangsumsiedelung noch zusätzlich in eine geschmeidige Form hineindrechseln will, auch wenn es das mühelos und fast leicht tut. Die Oden sind an sich sehr kunstfertig. Man bemerkt kaum, dass es Oden sind, was man ihnen im 21. Jahrhundert positiv anrechnen muss. Ein wenig schaffen es Worte wie „gegoogelt“ und „wlan“, den distinguierten Odenton zu unterlaufen, Einklammerungen und einige „moderne Elemente“, dem „sophisticated Odenduktus“ entgegenzuwirken. Es sind Worte, einzelne Worte, die diese Texte für mich viel eher erschließen. Wo es um Orte mit narbe(n) geht, wo Gestrüpp nicht überwuchernd plaszów, noch podgórze ist. Wo es neben der Referenzialiät zu Gotik, zu Wenzel und auch zu Trakl auch noch die Chance gibt, die Last des Geschichtlichen direkt zu spüren.

liebenau

sandgrube; unvollkommen, unbehaun:
sandstein, andeutungsweise denk und mahnmal;
eine wiese: liebenau, kriechend fort zur schlesischen grenze,

trennt dort polen und tschechien, gegenwärtig:
kopf hat still getilgt das gestern;
(...)


Erst habe ich nur eine gewisse Opulenz ausgemacht, die sich eher in einer ungewöhnlichen Häufung von Partizipien äußerte (allein im ersten Text finde ich acht Partizipien, in dessen erster Strophe vier), die für mich die Dichtungen ein wenig schwerfällig machen. Auf Anhieb klangen sie für mich vom Ton her ein wenig umständlich und verschachtelt. Die Gedichte scheinen mitunter zu einem fast pompösen Retroklang anzuheben. Nach und nach wurde klar, warum sich Endsilben verkürzen oder etwas manieriert ums Versende biegen. Ganz begreiflich wird mir dabei dennoch nicht, was die Odenstrophe speziell bei diesen Gedichten bringen könnte.

Eine Beschreibung wie Über verschwundene Dörfer gesungen würde in etwa die Diskrepanz markieren, die ich persönlich bei einer Ode, die wenigstens in der Antike ein Gesangsstück (ᾠ δή) war, bei einem solchen Thema empfinde; ich kann erst einmal nicht verstehen, wie jemandem bei einem derart schwergewichtigen Thema zum Singen zumute sein kann. Ein Gesang, der am ehesten klingen müsste wie Pendereckis Requiem? Doch es geht wohl genau um diese Diskrepanz. Auch wenn ich mich bei dieser Form der Verstörung nicht sonderlich wohlfühle, kann doch auf diese Weise der Bruch spürbarer markiert werden. Wo Hölderlin sein Lied an die heilige Unschuld intoniert, das Gute und Reine huldigt und mit dem Himmlischen allein sein möchte, kreisen Rohrbachs Texte um Verlust, Zerstörung, Auslöschung, Entweihung, ferner um städtebauliche krude Maßnahmen. Das lyrische Subjekt kommentiert sogar den Prunk früherer Epochen, der schwulst der tief in patinakronen hängt / und droht herauszutropfen aus turm und dach, kritisiert mit wuchtiger Genitivmetapher die gier des staunens der Touristen, die sich über die Architektur legt und lässt deren sichtlichen Verfall zum Sinnbild für ihre verstummten Bemühungen um Aussöhnung werden. Der vorletzte Text ryknek glowny, NEUERUNG, DIE lebt von Ausstreichungen. Über die Hälfte der aklepiadeischen Ode ist durchgestrichen. Übrig bleibt ein Gedicht, deren ungeschwärzter Restbestand in etwa die Lapidarität besitzt, die man bei einem solchen Thema viel eher erwarten würde. O. wie ehemalige Ostgebiete des großdeutschen Reiches.

Grundsätzlich finde ich es eher heikel, wenn Gedichte sich Themen widmen, die geschichtlich dergestalt komplex und brisant sind, dass man nie genug dazu anmerken und feierlich betonen kann und bei denen man erst einen Schleier der Unaussprechbarkeit lüften muss, der sich auch aus (Selbst-)Schutz und Hermetik um sein Thema legt, um das Grauen, das sich dahinter verbirgt, zu sichten. Man wagt nur zu flüstern wie in einem heiligen Raum. Man stößt an Traumata und Tabus. Es scheint mir fast eine Tatsache zu sein, dass ein solch gewichtiges, historisch prekäres Thema an sich schon stark wirkt. Umso mehr, wenn Texte sich mit ihm beschäftigen. Die „Wirkmächtigkeit“ der Thematik scheint generell auf Gedichte dieser Art zurückzustrahlen und ihnen manchmal automatisch Größe zu verleihen, sofern sie halbwegs ein gewisses Erwartungsmuster erfüllen, sprich den richtigen feierlich-gravitätischen Ton treffen und somit per se ebenfalls sehr bedeutsam wirken, eben weil sie sich eines solchen wichtigen Themas annehmen. Der Eindruck könnt überdies entstehen, es würden zehn Orte Punkt für Punkt in Oden „abgearbeitet“: Texte, die nun in Beziehung treten und sich in eine, sagen wir, psychohistorische Landschaft einfügen sollen.


ich kenne keine ursache, keinen mund
für rost und wörter einer tafel
dieses verlebten, befohlnen ortes


Christoph Georg Rohrbach, 1992 in Blankenburg (Harz) geboren, also schon nach der Wende, hat vermutlich noch die Ausläufer einer „DDR in den Köpfen“ in ihrer ganzen Fulminanz mitbekommen; manche sagen, sie bestünde bis heute, sie halte sich, mehr oder minder ostalgisch hartnäckig – als Widerstand gegen den Imperialismus eines „dekadenten“ Westen?

Die Gedichte sind komplex, haben sehr viele Referenzen, die man erst aufspüren muss, zudem metrische Besonderheiten. Die Texte brechen mit Erwartungen, sind keine einfachen Reise- oder Bewältigungsgedichte. Sie werfen Fragen auf. Es geht dabei auch um Sprache, der man nicht mehr trauen kann (es sind nicht nur die vieldeutigen Ortsnamen oder die Sprachverwirrung bei Google), die womöglich bei Verständigungsbemühungen auf der Strecke geblieben ist. Der endsprachverlauf wird thematisiert. Die Ausstreichungen im Gedicht ryknek glowny, NEUERUNG, DIE sind markantes Zeugnis einer abhanden gekommenen Selbstverständlichkeit des Sprechens. Im letzten Text scheint nichts mehr sicher, scheint dem lyrischen Ich selbst die kunst daran vergangen.

Beachtenswert ist bei alledem der Mut, sich mit filigranen Oden diesem Themenkomplex zu widmen und die Bezüge, all das soziopolitische Potenzial der Geschichte, bearbeiten und aufarbeiten zu wollen. Der Versuch, künstlerisch und vor allem lyrisch diese Thematik feinfühlig einzufangen, ist gewissermaßen Neuland, auch wenn die Landschaften in Böhmen und Kleinpolen „alt“ sind und das „Erbe Zentraleuropas“ (wie der Text nowa huta KRAKÓW das benennt:) ein erschöpfter mythos.

Plötzlich begann sich die ganze Welt zu bewegen, sie begann zu dampfen und lautlos zu zittern. (Ror Wolf)



¹ Seit Sean Spicers Rede zwei Tage nach der Ernennung Trumps zum US-Präsidenten hat der Punkt („period“) Hochkonjunktur. Parodien auf Spicers „alternative facts“ (wie The earth is flat. Period.) machen buchstäblich die Runde.
² Gostycyn, Ortschaft in der Woiwodschaft Kujawien-Pommern, Polen (ehemals Liebenau im Landkreis Tuchel, Danzig-Westpreußen) Lubnów (Ziębice), Ortschaft bei Ziębice, Woiwodschaft Niederschlesien, Polen (ehemals Liebenau im Landkreis Wohlau, Niederschlesien), Lubnów (Kreis Ząbkowice), Dorf in Woiwodschaft Niederschlesien, Polen (ehemals Liebenau im Landkreis Frankenstein, Niederschlesien), Lubnów, Ortschaft bei Pokój in der Woiwodschaft Oppeln, Polen (ehemals Liebenau im Landkreis Oppeln, Oberschlesien), Lubnowo, Polen, Ortschaft bei Płoskinia, Woiwodschaft Ermland-Masuren (ehemals Liebenau im Landkreis Braunsberg, Ostpreußen), Lubrza (Lebus), Ortschaft in der Woiwodschaft Lebus, Polen (ehemals Liebenau im Landkreis Züllichau-Schwiebus, Brandenburg), Miłosna, Ortschaft bei Godkowo, Woiwodschaft Ermland-Masuren, Polen (ehemals Liebenau im Landkreis Preußisch Holland, Ostpreußen), Nowe Lignowy, Ortschaft bei Kwidzyn, Woiwodschaft Pommern, Polen (ehemals Neu-Liebenau im Landkreis Marienwerder, Ostpreußen), Hodkovice nad Mohelkou, Stadt in Tschechien, Libná, Wüstung bei Teplice nad Metují, Tschechien. (Quelle: Wikipedia)

³ (http://www.sudeten-by.de/dokumente_07/pr_070505.htm) »
http://deutschboehmen.de/index.php?title=Nedoweska »


Christoph Georg Rohrbach: O. Gedichte. Köln (parasitenpresse - Lyrikreihe #036) 2016. 14 Seiten. 6,00 Euro.

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