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Andreas Peters: Hotel zur ewigen Lampe

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Barbara Zeizinger

Andreas Peters: Hotel zur ewigen Lampe. Gedichte. Innsbruck, Wien (Limbus Verlag) 2022. ISBN 978-399039-230-0. 96 Seiten. 15.00 Euro.

Vogelfrei ist nicht gleich vogelfrei


Der neue Lyrikband von Andreas Andrej Peters, Hotel zur ewigen Lampe, 2022 im Limbus Verlag erschienen, sei aus Weltreligionen und Lebenserfahrung zusammengetragen, schreibt Fritz Huber in einem kurzen Vorwort, und wahrscheinlich bestimmt diese Zusammenschau die Art und Weise wie der Autor auf Vergangenheit und Gegenwart blickt. Dies zeigt schon der Titel, den Peters seinem Lyrikband gab. War das Hotel zur ewigen Lampe doch der Name, wie die Gefangenen die zentrale Untersuchungshaftanstalt der Staatsicherheit in Berlin Hohenschönhausen nannten. Dort gab es kein Tageslicht, sondern nur eine nie abgeschaltete elektrische Beleuchtung.

Was das bedeutet, wird gleich im ersten Gedicht Du thematisiert. Sie nahmen dich / beim Wort, sie nahmen dich bei / jedem Buchstaben, und du vermochtest / nichts Dunkles zu sagen. Die Jagdlieder / von Erich Mielke legten sich wie / Amalgam oder Zinn auf die Zunge. / Dein Traum aber blieb der Schlaf.

Andreas Andrej Peters ist 1958 in Tscheljabinsk-Ural (UdSSR) geboren, und das letzte Gedicht in dem Lyrikband Mein Exodus erzählt von seinem Visum zur Ausreise in die Bundesrepublik, das er einen Tag vor seiner Einberufung zum Militär wohl Richtung Afghanistan erhalten hat.

Verhöre und das Verlassen des Heimatlandes bilden also die Klammer zu Gedichten, in denen der Autor lyrisch den Finger in zahlreiche Wunden legt. Dabei belässt es der studierte Theologe nicht bei oberflächlicher Betrachtungsweise, sondern gibt, indem er häufig Bibelstellen miteinbezieht, seinen Aussagen eine über den Alltag hinausgehende Tiefe. Da gibt es beispielsweise die Beschreibung einer alten, nicht mehr als Gotteshaus benutzten Synagoge, wobei schon die Überschrift Synagoge  - Psalm 118,20 sagt, worauf sich das Gedicht bezieht.

Da lugte ein Kind durch das zugebretterte / Gittertor hindurch und sah dahinter eine Holztür / mit Schriftzeichen / In hebräischer Sprache stand da: / Dies ist das Tor für Gott …

Noch deutlicher finden wir diesen Zusammenhang in dem Gedicht Eines Tages, vielleicht auch Nachts (apokalypse 9), in dem er den Schrecken des Nationalsozialismus mit Zitaten aus der Apokalypse unterlegt. Nicht nur hier gelingt es ihm, diese beiden Sprachebenen zu verbinden und dabei poetische Bilder zu finden:

… die heuschrecken sahen aus /wie rosse, zum krieg gerüstet, ihre fratzen / glichen dem menschen-antlitz, wir rannten / kopflos und wussten nicht, wie wir einem / auseinanderdriftenden kontinent entfliehen könnten.

Mehrere Gedichte befassen sich mit Ereignissen, die tatsächlich stattgefunden haben. Wie der Brand 2018 in dem Einkaufszentrum Winterkirsche in der westsibirischen Stadt Kemerowo. Man gibt der Winterkirsche / Blumen und Plüschtiere im / Leichenschauhaus. Auch das Gedicht Nur wenige kamen zurück erzählt eine wahre Geschichte, nämlich die von der Deportation der jüdischen Bürger in das Internierungslager Gurs in Frankreich, von wo es für viele letztlich weiter nach Auschwitz ging. In diesem Gedicht finden sich nicht nur sehr konkrete Fakten, wie die Tatsache, dass der Deportationszug über eine behelfsbrücke fährt, durch die Aufzählung der Stationen, die Abwandlung der verschiedenen Brücken (rheinbrücke, kriegsbrücke, behelfs-brücke), vor allem aber durch die Alliterationen (die verkommenen, die verseuchten & versiechten, die versehrten & verzehrten, die vergasten &vergessenen) erhält der Text eine beklemmende Atemlosigkeit. Doch, so die Intention des Gedichts, diese Menschen sind nicht vergessen und ihre Rückkehr wird religiös eingebettet: und siehe, / sie kommen zurück … kommt / menschenkinder, geht auf den wipfeln der bakkabäume / wie könig david, auf dem wasser des rheins wie / rabbi jeschua, der menschensohn, auf den wolken des / himmels unter dem schofarruf des erzengels.

Der Autor schaut sehr genau auf die Bedeutung der Worte. So in dem Gedicht Für Hanna. Was vogelfrei bedeute, fragt die Lehrerin, beispielsweise im Zusammenhang mit Luther, der als vogelfrei erklärt wurde. Dazwischen gibt es kleine poetische Texte mit Sprachspielen Ich muss keine Bäume ausreißen, / ein Baum wurde für mich gefällt. / Es wächst kein Maulbeerbaum in / den Himmel, sagst du, aber über / den Bäumen wartet der Himmel.

Oder das Spiel mit religiösen Sätzen wie in Zumutungen Gottes:

Ihr seid das Salz der Erde. Wir / könnten auf dem Wasser geh’n. // Nur über Bord müssen wir steigen. / Das Tote Meer wird uns tragen. // Eine Brise in der Buchstabensuppe / bildet das Wört-chen SALZ.

Es ließen sich noch weitere Beispiele anführen für viele unterschiedliche Themen. Sei es die Erwähnung seiner Lieblingslehrerin Anna Grigorjewa, die lispelte / wie eine Schlangen-beschwörerin. Oder das Gedicht, in dem der liebe Gott dafür kritisiert wird, dass er manchmal Kinder vor der Mutter und umgekehrt sterben lässt.

Andreas Andrej Peters, dessen zweiter Vorname auf dem Cover nicht auftaucht, im Innenteil aber wohl, hat einen vielfältigen Gedichtband vorgelegt, der sowohl inhaltlich als auch sprachlich überzeugt.


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