Andreas Altmann: Waldorchester
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Foto: Kristiane Spitz
Andreas Altmann
Waldorchester
Über schwarzen Sonnenblumenköpfen wehen noch
die Vogelfahnen. Zwischen den Kiefernstämmen wandert
gelb das Licht. Es zieht die Fäden bis zu ihren Spitzen.
Sie sind zu trocken, um ein Netz zu halten. Die Felder
liegen braun im Schnee, auf den die Dörfer hoffen.
Die Zimmer sind so aufgeheizt. Die Stimmen kommen
nicht zu Wort. Der Husten ist so hart und laut. Die Linden
sind noch grün. Gräser brechen an den Augenrändern.
Die alte Zeit zieht tiefe Gräben durch die Landschaft.
Menschen gehn sich aus dem Weg. Der Himmel ist tiefblau,
fällt aus allen Wolken. Die Hubschrauber vermehren sich.
Erbarmen, flüstern Mütter, beten. Ein Chor hebt an.
Dann kommt ein Orchester aus dem Wald und alle treten
vor die Tür. Es sind so viele, dass ich sie nicht zählen
kann.
Sie wissen nicht, wohin. Sie weinen, sind ganz still. Und
manche
husten noch. Übers Feld geht die Musik, wird Staub, wird
Echo,
kehrt nicht mehr zurück. Die Instrumente sammeln sich
an offnen Fenstern, spielen mit den Händen, mit dem Mund.