Andreas Altmann: vaterkind
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Foto: Kristiane Spitz, poetenladen
Andreas Altmann
vaterkind
vor dem fenster treiben kleine
schneeflocken.
es ist sommer. dahinter liegt vater
im bett. ich gehe
durch seine dunklen augen. er ist
auf dem weg
zur arbeit. die fabrikhallen sind
kalt. ich gehe
ihm nach. er sitzt am tisch vor der
geöffneten brot
büchse aus blech. sie ist verbeult.
mutter hat ihm
ein ei gekocht und brote
geschmiert. er isst nicht.
ich komme auf ihn zu und will ihn
umarmen.
er spricht nicht. er lächelt nicht.
er geht durch
die wohnstube. ich frage mutter wo
vater ist.
ich bin doch sein sohn. ich höre
laute schläge aus
dem hinterhof. er hackt holz. ich
sehe ihn nicht.
es schneit. mutter schmiert brote.
das holz
stapelt sich vor dem kachelofen.
durch die fenster
dringt licht. es blendet. vater
liegt im bett.
sein haar ist schwarz. seine augen
sind offen.
ich will für ihn sprechen. er sitzt
am tisch.
er geht in die fabrik. der ofen ist
kalt. es regnet.
das holz ist feucht. vater liegt im
bett.
es ist aufgeschlagen. ich bin doch
sein sohn.
In
Andreas Altmann: Weg zwischen wechselnden Feldern. Gedichte. Leipzig
(poetenladen Verlag) 2018. 88 Seiten. 18,80 Euro.