Direkt zum Seiteninhalt

Andreas Altmann: Häuserfluss

Gedichte > Gedichte der Woche

0
Andreas Altmann

Häuserfluss


Den Häusern wachsen Fenster durch die Augen. Sie öffnen Türen
zur gegenüberliegenden Seite der Straße, durch die ein Fluss läuft.
Boote fahren mit der Strömung, wenige gegen sie. Die größten
sind überfüllt und schreien. Manche halten Münzen in der Hand.
Andere sind still und wirken kopflos. Hinter den Scheiben mehren
sich Stimmen. Aus ihnen treten brennende Augen hervor. Fackeln
werden entzündet und in den Fluss gebracht, der ein Feuer entfacht.
Viele jubeln und werfen Blumen aus den Fenstern. Und Flaschen.
Rufe ertrinken. Schreie flammen auf. Gesichter flackern. Dann wird es
immer stiller an beiden Seiten der Strömung. Blicke gehen unter
oder verharren. Greifende Hände. Gebete. Den Augen wachsen
die Fenster aus den Häusern. Für eine Nacht. Dann werden sie geschlossen,
als sei nichts gewesen. Regen bildet Pfützen auf der Straße. Schuhe
liegen an den Rändern. Ihnen fehlt ein Bein. Hinter den Scheiben
brennt eine Kerze Erinnerungen herunter, die in der Luft liegen.


Zurück zum Seiteninhalt