Andreas Altmann: Die Reise
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Foto: Kristiane Spitz
Andreas Altmann
Die Reise
Die Vorstadthäuser sind weiß,
ohne dass es geschneit hätte.
Weiß und verwaist. Regen
fällt der Dunkelheit ins Licht.
Dann werden die Häuser grau
und manchmal schaut eine Fliege
aus dem Fenster. Ihre Flügel
schimmern grün. Sie scheinen
aus Glas. Die Bäume sehen
jetzt ehrlich aus. Mein Gesicht
entfernt sich von mir. Ich
soll ihm nachkommen. Es gibt mir
Zeichen. Die hohen Gräser am
Bahndamm sind feucht.
Sie können ihre Köpfe nicht
mehr stützen. Und dann sehe ich
mich als Kind auf dem
Appellplatz immer im Kreis gehen
während der großen Pause. Wir
durften nur leise sprechen
und nicht stehenbleiben.
Schließlich muss man vorwärtskommen
im Leben. Heuballen faulen
auf den Feldern und der Boden
atmet sich selbst aus. Altes
Holz hat dem Wind Bäume
zu Füßen gelegt. Schatten
halten Winterschlaf. Ich flüstere
meinen Gedanken zu. Was
bleibt mir anderes übrig.
Ich versuche, nicht mehr zu
träumen. Die Wiesen machen große
Wasseraugen und sehen sich in
den Wolken liegen. Der Zug
wird pünktlich den Bahnhof
erreichen, so oder so. Dort werde
ich abgeholt. Das liegt dann
nicht mehr in meiner Hand.