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Amadé Esperer: Triptychon aus zweieinhalb CoronArien

Montags=Text
Amadé Esperer

Triptychon aus zweieinhalb CoronArien


Eines morgens war die luft rein
nur für teuer geld zu kriegen
wir standen in gräben allein
und sollten ? was ? besiegen  


1

sie zeigten uns die bilder
die Instrumente lagen bloß
für einen kurzen langen moment
war die wahrheit die wahrheit
selbst aus den schlangenkästen
krochen keine nattern, keine gerüchte
infizierten die stimmung
der situs zeigte für diesen moment
im totenschacht die beschwiegene
landschaft das kalte gesicht der befunde
metamorphosen, krone der schöpfung

dumpfe wolken verschlangen die sonne
in den adern flockte das blau
der tag lag in schreiender stille
auf edelstahl blank
                                   dies war das herz
                                   dies war das stirnhirn
                                   dieses die lungen
D A S

ist nicht sichtbar



2
Aber wenn ich höre, alles andere habe vor dem Schutz
von Leben zurückzutreten, dann muss ich sagen:
Das ist in dieser Absolutheit nicht richtig.
W. Sch Bundestagspräsident


Der April macht, was er will, heißt es,
Hitze, Sonne, Regen, Wind und Schnee…
Im April 2020 war es anders. Ganz anders. Binär:
Der sonnigste seit Messung der Hitze,
der kälteste seit Ausbruch der Epidemie
                                   der Supersymmetrie
zwischen Wissen und Wollen zwischen
Wissenschaft & fare bella figura

Die große Hadronenschleudermaschine
der Realität ließ, wie aus zwei fremden fernen
Galaxien, Denkpartikel auf einander los
von denen die einen die anderen
verschlangen wie die fetten die dürren
Kühe andersherum aus Pharaos Traum.
Die dürren aber zeigten die Wahrheit
transparent bis auf die Knochen, die
fetten indessen gefielen sich mit diäten
im Spiegel von Igno~ und Arro~ und wurden
ganz was sie immer schon waren
der Teil
              ist das Ganze der Teil ist die Würde
ein Teil: Wo kam ich noch vor?

Nachdem die Wochen wie Schwäne in Schwarz
die Lockdown-Entwarnung zerschredderten
wie Lügen im Wind
hob sich die Luft für die zweite Welle,
in der das Bedauern aufging
wie verdorrender Samen von oben
schickte man Systemelefanten
in die Schlacht (Hanni bald ante portas)
und vielfach sezernierte Dementis
an vorderster Front die Taxis dont drive
me nuts die warteten brav auf das Lackmus
papier für den Test
                 to be or not to be
                                               tobender nie
die gekräuselten Glatzen der Entscheidung …

Ich habe meine Augen nach ihnen geschickt,
zwei Augen wie Tauben flogen sie auf
und kamen zurück mit dem tiefgefrorenen
Schweiß des rollstuhlfahrenden Zorns
Meine Arche kein Bollwerk: ICH als angehaltener Atem
ungewiss gebettet auf NICHTS als Mangel an Wert.

Dies war der heißeste kälteste Monat April.



2.5

anders die nacht & der tag & die zeit
nichts sehen, nichts hören, nichts fühlen
nur das reibende, röchelnde allabastergeräusch
neshamah - neshamah - neshamah

du aber bist aufs meer hinaus
getrieben aus dem paradies
des unbeschwerten gelingens

hörst von ferne die brandung  
nicht mehr
Herr deiner Richtung
verirrt auf hoher see
mit zerfetzten membranen
schlägt dir die brodelnde gischt
das leben um haupt & blut & wunden

kein vogel folgt dir wo du jetzt bist
mit gebrochenen flügeln
auf dem einbaum allein

am ufer, in der welt der lemuren  
rituale von ein & aus, von ja & nein
seelenlos glitzernd die apparaturen  
neshamah neshamah - hashamaijm


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