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Aloysius Bertrand: Die Mitternachtsmesse

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Aloysius Bertrand
aus dem Zweiten Buch "Das alte Paris"
übersetzt von Werner Wanitschek


DIE MITTERNACHTSMESSE


                                               Christus natus est nobis; venite, adoremus.
                                                        Die Geburt Unseres Herrn J.-C.
                                              Wir haben weder Herd noch Ort,
                                              Gebt uns unsern Teil für Gott.
                                                                                              Altes Lied

Die gute Frau und der edle Sire von Chateauvieux brachen das Brot des Abends, der Herr Almosenier segnete das Mahl, als ein Holzschuhgeklapper an der Tür zu vernehmen war. Es waren kleine Kinder, die ein Weihnachtslied sangen.

«Gute Frau von Chateauvieux, eilet! die Leute sind auf dem Wege zur Kirche. Eilet, daß die Kerze, die auf Eurem Betpult brennt, in der Kapelle der Engel, nicht erlösche, und dabei mit ihren Wachstropfen das Stundenbuch aus Velin und das Kissen von Sammet bestirnt! – da ist schon das erste Glockenläuten für die Mitternachtsmesse!

– Edler Sire von Chateauvieux, eilet, daß der Sire von Grugel, der dort mit seiner Papierlaterne vorbeikommt, sich nicht, in Eurer Abwesenheit, des Ehrenplatzes auf der Bank der Brüderschaft von St. Anton bemächtige! – da ist das zweite Glockenläuten zur Mitternachtsmesse!

– Herr Almosenier, eilet! die Orgeln grollen, die Chorherrn psalmodieren, eilet! die Getreuen sind versammelt, und Ihr seid noch zu Tische! – da ist das dritte Glockenläuten zur Mitternachts-messe!»

Die kleinen Kinder hauchten sich auf die Finger, doch fröstelten sie keine lange Weile. Und auf der gotischen Schwelle, weiß von Schnee, beschenkte sie der Herr Almosenier, im Namen der Herrschaft des Hauses, jedes mit einer Waffel und einem Heller.


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