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... ich bin es, die Schwester

Werkstatt/Reihen > Reihen > Widmungen
Klaus Anders


...ich bin es, die Schwester des Berges...
Dinçer Güçyeter

Still ist das Wasser
und klar, als wär es nicht da,
Sand und Ziegel schimmern am Grund.
Geht aber einer hinein, langsam
die Treppe hinab in das Becken,
wölkt etwas auf und trübt,
das Wasser wird wie die Erde,
und wer tiefer und tiefer
eintaucht, gewöhnt seine Augen,
wenn über ihm sich das Wasser schließt
wie der Blätterstrom eines Waldes.

Viele sind so verschwunden,
nur manche kehrten zurück, die Augen
irr von dem Fließen und Streichen
der Flut über die Hornhaut. Doch dem
harrenden Blick hatte sich etwas gezeigt,
wovon wir oben in Licht und Luft
nichts ahnten; ihre Herzen waren
wie ein gestillter Säugling
im Schlummer danach. Mich haben aber
die Flüsse immer gebunden,
wo ich auch war.

Wenn in den Auen die Weiden
in Laub und Früchten ergrünen,
Schwarzspecht im Pappelstamm munter
die Höhle zimmert, das Tock Tock Tock
nur unterbricht, um Späne zu räumen,
und im Gesträuch dicht über dem Wasser
des Altarms die Nachtigallen
in Brutgesängen sich prüfen und warnen,
und Stockenten die ersten Jungen
ausführen, beäugt von Krähen,
geh ich hinaus auf trockenen Pfaden

und sitz im Gehölz, Fitis in Wipfeln
und Zilpzalp. Ein hochblauer Tag,
der Sommer schon spüren lässt, genügt,
dass die Wolken sich türmen nach Mittag,
die Luft durchwittert von Spannung und Überdruss,
und klabauternd rollt die Zelle heran,
die zartgrüne Welt mit Hagel und Sturm
zu zerstören. So komme ich heim,
mit leeren Händen, durchnässt,
wo du auf der Veranda sitzt, aufschaust,
als hätten wir uns längst verloren.


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