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Wolfgang Wallner-F.: Eine wahre Geschichte

Werkstatt/Reihen > Reihen > Wettbewerb "Maler und Dichter"

Eine wahre Geschichte dazu, erlebt und niedergeschrieben von Wolfgang Wallner-F.


Bild: Franz Wallner, ca. 1980



Der Maler Franz Wallner ist mein Onkel und das junge Mädchen am Bild seine Tochter Dorrit.

Dorrit
„ … eine einfache Schilderung, wie ich Dorrit kennen lernte und das zu einer beispiellosen Liebesgeschichte führte.
Ausschmückungen und Details hebe ich mir wahrscheinlich für einen größeren Roman auf. …

Länger her, 1961, Dezember.
Mein Onkel, der Maler Franz Wallner, kaufte einige Zeit vorher eine Jugendstilvilla in Niederösterreich.
Er war damals Grafiker in Dänemark, der meistgefragte im Norden.
Dementsprechend auch bezahlt.
Seine Frau Eleonore empfing drei Monaten vorher ihr zweites Kind, ein Mädchen,
Dorrit Maria. Das erste Kind, Arthur war 4 Jahre zuvor, ebenso wie Dorrit jetzt, in Kopenhagen auf die Welt gekommen.
Meine Kremser Großmutter väterlicherseits sagte voraus, dass es ein Mädchen werden wird, erlebte selbst die Geburt aber nicht mehr.

Dorrit war also drei Monate alt, als die Familie zu einigen Erledigungen in die Villa kam.
Eine gute Gelegenheit für meinen Vater, dem Bruder von Franz Wallner, die Villa und die Verwandten wieder zu sehen.
Ich war dreizehn Jahre alt.
Ich kam in das untere Erkerzimmer, war alleine.
Da lag gegenüber der Türe Dorrit in einem Bettchen.
Sie sah mich an und ich war total betroffen von diesem Kind, von diesem Blick.
Ich sah sie lange an und wünschte mir im Stillen, sie möge mich das ganze Leben lang lieben.
Ein Wunsch, den ich für mich behielt, der mir aber immer unvergessen blieb.

Ich traf sie nicht sehr oft im Leben, aber wenn wir einander begegneten, funkte es in Form von Tage andauernden Gesprächen, mehr war nicht.

Sie zog nach Deutschland, ich heiratete in Wien, sie in Frankfurt.

1999 kam sie nach Wien, im Laufe eines für uns typisch intensive Gespräch erzählte ich ihr von meinem damaligen Wunsch.
Sie gab mir eine Ohrfeige, fuhr wieder nach Frankfurt, kam aber 14 Tage später mit Koffer und Papagei nach Österreich, zunächst in die Villa ihres Vaters.
Sie sagte, dass sie sich genau an diese Szene im Erkerzimmer erinnern kann (sie war 3 Monate alt) und sie erzählte auch genau, wo ich stand, was mit meiner Erinnerung übereinstimmte.
Und sie erzählte auch, dass sie, als ich herein kam, dachte “DA IST ER JA!”
Seitdem liebte sie mich immer, versuchte aber ihr ganzes Leben vor dieser Liebe zu fliehen, besonders als Folge meiner Heirat.

2003 zogen wir ins Burgenland und zusammen.
Dorrit ist wahrscheinlich die beste und begabteste Pianistin der Welt. Außer mich gibt es für sie nur die Musik.
Irgendwann bemerkte sie Veränderungen in ihrer rechten Brust.
Eine verwandte Ärztin sagte ihr, das wäre Brustkrebs.
Ihrer Mutter starb daran und ihre einzige Freundin hatte kurzer Zeit vorher auch die selbe Diagnose. Die Freundin ließ sich operieren und man nahm ihr die Lymphdrüsen heraus, die Folge war, dass sie ihre Arme nicht frei bewegen konnte.
Das wollte Dorrit keinesfalls, denn dann könnte sie nicht mehr Klavier spielen.
Sie ließ sich also nicht operieren.
2014 wurden Rückenschmerzen so stark, dass sie es nicht mehr aushielt.

Diagnose: beidseitiger Brustkrebs, nicht operierbar, keine Heilungsaussichten, Metastasen in Lunge, Leber und Knochen, mehrfache Serienrippenbrüche, Brüche von 2 Wirbeln ohne Einfluss aber auf das Rückenmark.

Wir heirateten 2014 im Sommer, sie lag im Bett.
Es geht ihr jetzt (November 2015) gut.
Und sie ist jetzt dank einer Schmerzpumpe schmerzfrei und auch glücklich.

Ja, das wäre es in groben Zügen einmal.
Eine fast unglaubliche Geschichte. Es gibt dazu noch sehr viel zu erzählen, vielleicht einmal in einem Buch.
Einzelfall? Wer weiß, wie eine Liebesgeschichte sonst läuft?
In unserem Fall begann sie so zeitig und Dorrit konnte sich zusätzlich an Dinge “vorher” erinnern.
Sie erzählte mir seit 1999 mehrere Geschichten aus vergangenen Zeiten.
In einem anderen Leben (?) hat sie mich sogar mit einer Lanze erstochen.
Vor einigen Tagen sagte sie mir, dass wir in unserem jetzigen Leben unsere Aufgabe erfüllten, als wir heirateten.
Früher wäre es immer so gewesen, dass sie nie offiziell "den Platz neben mir" einnehmen konnte.
Hört sich seltsam an, aber das waren ihre Worte . . .


(Wolfgang Wallner-F.: unveröffentlicht, 2015)

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