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William Burroughs: Nichts ist wahr

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William S. Burroughs

aus: DIE STÄDTE DER ROTEN NACHT,
2. Buch  (1980)



»Nichts ist wahr. Alles ist erlaubt.« Die letzten Worte von Hassan i Sabbah, dem Alten Mann aus den Bergen.
    »Tamaghis ... Ba'dan ... Yass-Waddah ... Waghdas ... Naufana ... Ghadis.«
    >Ein Adept, so heißt es, der die Antwort auf irgendeine Frage wissen will, muß diese Worte nur beim Einschlafen wiederholen, und er wird in einem Traum die Antwort erhalten.
    >Tamaghis: Dies ist die offene Stadt, umkämpft von feindlichen Gruppierungen in einem biologischen Krieg, in dem der taktische Vorteil von einem Augenblick zum anderen wechselt. Hier ist alles so wahr wie man glaubt, und alles, was man mit List oder Gewalt durchsetzen kann, ist erlaubt.
    >Ba'dan: Diese Stadt wird beherrscht vom freien Wettbewerb und Konkurrenzkampf. Ba'dan findet seine ziemlich genaue Entsprechung im heutigen Amerika – eine reiche Elite in stets gefährdeter Position, eine breite enttäuschte Mittelschicht, und eine ebenso große Schicht von Kriminellen und Gesetzlosen. Instabil, explosiv, von jäh aufflackernden Krawallen erschüttert. Alles ist wahr, und alles ist erlaubt.
    >Yass-Waddah: Die weibliche Bastion, in der die Contessa de Gulpa, die Contessa de Vile und der Rat der Erwählten die endgültige Unterwerfung der anderen Städte planen. Sexuelle Zwischenformen in allen Schattierungen sind vertreten: Jungen mit Mädchenköpfen, Mädchen mit Jungenköpfen. Hier ist alles wahr, und nichts ist erlaubt außer denen, die das Sagen haben.
    >Waghdas: Dies ist die Universitätsstadt, das Zentrum der Gelehrsamkeit. Hier werden alle Fragen beantwortet nach Maßgabe dessen, was ausgedrückt und verstanden werden kann. Erlaubt ist alles, was vollständig begriffen ist.
    >Naufana und Ghadis sind die Städte der Illusion. Nichts gilt hier als wahr, und deshalb ist alles erlaubt.
    >Der Reisende muß in Tamaghis beginnen und die übrigen Städte in der genannten Reihenfolge durchlaufen. Diese Pilgerreise kann viele Lebenszeiten dauern.<

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