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Replik Martina Hefter zu "Tanzen"

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Zwei, drei Sätze zu Anns langem Text über die Essayreihe Edition Poeticon. Wobei es eher zwei drei Sätze werden darüber, weshalb ich das kleine Buch “Tanzen” schrieb.

Dies soll weder eine Rechtfertigung vor Ann Cottens Kritik mit damit verbundener Zurückweisung derselben darstellen, noch soll es eine Art Büßerrede werden, weil ich in einigen Punkten A.C. auch zustimme.

Ich dachte nur vermehrt über so einiges nach, was meine Haltung zu meinem eigenen Essay betrifft, als das Rezensionstagebuch erschien, und meinte, ich könnte die Gedanken dazu auch mal festhalten. Ließ es dann aber sein, ich wollte nicht schon wieder an was anderem schreiben als an meiner nächsten Gedichtband-Sache. Dann aber kam die noch viel mehr ausufernde Antwort auf Ann Cottens Text von Kristian Kühn. Ich habe das Gefühl, wenn ich nicht jetzt was dazu sage, stauen sich da Sichtweisen auf mein Buch und auf alle anderen immer mehr auf, es werden ja gewaltige Geschütze aufgefahren bei K.K., und es entstehen jetzt Dynamiken, zwischen denen ich mich etwas zerrieben und auch nicht verstanden fühle.

Und ich sage deswegen in aller Kürze:

1.

Ich wollte den Tanzen-Essay eigentlich zuerst gar nicht schreiben. Tanzen ist mir so nah, ist sowas Normales und Selbstverständliches für mich, dass es mir fast idiotisch vorkommt, mehr als drei Sätze darüber zu schreiben. Wo soll man überhaupt anfangen?

2.

Ich hab es doch getan und mehrere Fassungen ausprobiert. Dass ich es getan habe, geschah in der Hauptsache aus einem diffusen Kämpfergefühl heraus. Ich will, dass “Tanz” in der Welt der Literatur mehr publik gemacht wird. Er kommt zu wenig vor (obwohl ich auch weiß: warum sollte er vorkommen?) Gleichzeitig war klar, dass ausgerechnet ich, mit wenig Zeit und wenig Lust, übers Tanzen etwas zu schreiben, genau das nicht würde stemmen können: Den Leuten “Tanz” näher zu bringen. Am liebsten wäre mir nach wie vor, dass Leute, die vielleicht neugierig sind, einfach selbst anfangen, eine Tanzart zu lernen.

3.

Aus dieser Haltung heraus ist ein etwas unentschiedenes Büchlein geworden, und mancher Kritik von Ann Cotten daran kann ich zustimmen. Aber es ist trotzdem gut, dass es diese Ergebnisse so gibt, sie werden mir nützen.

4.

Das mit den Großbuchstaben sehe ich nicht so eng, ich dachte, es sei eine gestalterische Sache. Ich mochte und mag diese äußere Form der Bücher, die für mich auch immer signalisiert: Es ist ein Geschenkbüchlein, das manche Leute gern im Vorbeigehen kaufen, und weil nicht nur Mist drinsteht, ist es von meiner Seite aus vertretbar, dass ich es verkaufe (bzw. durch den Verlag verkaufen lasse).

5.

Natürlich simmert die Gegenhaltung dazu immer dezent mit: Man sollte nur das schreiben (und den Leuten für Geld verkaufen) was man auch wirklich schreiben will, und das soll sorgfältig geschrieben/gearbeitet sein. Dass diese Haltung nur mitsimmert, kann man mir zum Vorwurf machen, mach ich vielleicht selbst auch. Ich kann das aber gerade nicht ändern.

6.

Unter den Aspekt von Punkt 5. fällt auch meine Haltung zum Slogan “Poetisiert Euch”. Den mag ich auch nicht. Meine Begründung deckt sich mit der von A.C. Trotzdem habe ich in Kauf genommen, dass ich, indem ich den Essay schreibe, ja auch den Spruch in Kauf nehme. Aber es überwog dazu wieder das, was ich unter Punkt 2. schrieb, weswegen auch dieser Aspekt in jenes Ergebnis einfloss, wie es unter Punkt 3. steht. Und ebenso gilt auch für diesen Punkt, was ich unter Punkt 5. schrieb.

7.

Auf einen kleinen, aber folgenreichen Verschreib- oder Verlesefehler in Ann Cottens Text, den Kristian Kühn in seiner Antwort auch unwissentlich übernommen hat, möchte ich aber noch hinweisen. Bei A.C. wie bei K.K. heißt es: „...in der Postmoderne das Motiv der Überwindung des eigenen Genres. Hefter schreibt, das Schreiben überwinden zu wollen, und erwähnt Wilhelm Forsythes Versuch, das Tanzen zu überwinden.“ William (nicht Wilhelm) Forsythe sprach in dem Interview nicht davon, Tanzen überwinden zu wollen, sondern Choreografie. So steht es auch in meinem Essay. Das ist ein großer Unterschied, ob Choreografie oder Tanzen, und ich glaube, die Argumentation stimmt dann so nicht mehr, da der Ausgangspunkt ein anderer ist.

8.

Aber, da Punkt 2., 3., und 4. jetzt erst mal gelten, ist das auch nicht so schlimm, und das meine ich nicht ironisch.

9.

Die anderen Essaybücher aus dieser Reihe habe ich noch nicht gelesen, weil ich noch keine Zeit dazu hatte. Kann dazu also nichts sagen.


Martina Hefter

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