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Martin Opitz: Das VI. Capitel

Poeterey



Das VI. Capitel.


Von der zuebereitung vnd ziehr der worte.


NAch dem wir von den dingen gehandelt haben / folgen jetzund die worte; wie es der natur auch gemeße ist. Denn es muß ein Mensch jhm erstlich etwas in seinem gemüte fassen / hernach das was er gefast hat außreden. Die worte bestehen in dreyerley; in der elegantz oder ziehrligkeit / in der composition oder zusammensetzung / vnd in der dignitet vnd ansehen.
Die ziehrligkeit erfodert das die worte reine vnd deutlich sein. Damit wir aber reine reden mögen / sollen wir vns befleissen deme welches wir Hochdeutsch nennen besten vermögens nach zue kommen / vnd nicht derer örter sprache / wo falsch geredet wird / in vnsere schrifften vermischen: als da sind / es geschach / für / es geschahe / er sach / für / er sahe; sie han / für sie haben vnd anderes mehr: welches dem reime auch bißweilen außhelffen sol; als:


                                               Der darff nicht sorgen für den spot /
                                               Der einen schaden kriegen hot.

So stehet es auch zum hefftigsten vnsauber / wenn allerley Lateinische / Frantzösische / Spanische vnnd Welsche wörter in den text vnserer rede geflicket werden; als wenn ich wolte sagen:


                                              Nemt an die courtoisie, vnd die deuotion,
                                              Die euch ein cheualier, madonna, thut erzeigen;
                                                   Ein' handvol von
fauor petirt er n ur zue lohn /
                                                   Vnd bleibet ewer Knecht vnd
seruiteur gantz eigen.

Wie seltzam diese nun klinget / so ist nichts desto weniger die thorheit innerhalb kurtzen Jahren so eingeriessen / das ein jeder der nur drey oder vier außländische wörter / die er zum offtern nicht verstehet / erwuscht hat / bey aller gelegenheit sich bemühet dieselben herauß zue werffen / Da doch die Lateiner eine solche abschew vor dergleichen getragen / das in jhren versen auch fast kein griechisch wort gefunden wird / das zwar gantz griechisch ist. Dann Juuenalis setzet inn einem orte ζωὴ καὶ ψυχὴ eben dieselben auß zue lachen / die sich in jhren buhlereyen mit griechischen wörtern behelffen: in dem andern orte aber thut er es darumb / das er die schändliche sünde / daran Christen auch nicht gedencken sollen / lateinisch auß zuesprechen abschew treget: wiewol er sonsten kein blat für das maul nimpt. Was aber die nomina propria oder eigentlichen namen der Götter / Männer vnd Weiber vnd dergleichen betrifft / dürffen wir nach art der Lateiner vnd Griechen jhre casus nicht in acht nemen / sondern sollen sie so viel möglich auff vnsere endung bringen. Als / ich mag künlich nach der Deutschen gebrauche sagen:


                                                  Der schnelle plitz / des Jupiters geschoß /

vnd nicht / des Jovis. Item / der Venus pfeile / nicht veneris. Wie es denn auch die Römer mit den griechischen wörtern machen. Die Frantzosen gleichfals. Bartaß¹ in seinem Buche / dem er den titel die Herrligkeit gegeben:


                                                 Vn grand Gymnosophiste, vn Druyde, vn Brachman.

Item die Hollender. Als Heinsius:
                       
                                                                                    van daer is zij gegaen
                                                 By Thetis haer vrindin / en sprack Neptunus aen.

Doch können wir anfanges / weil es in vieler ohren noch etwas harte lautet / etliche lateinische endungen noch gebrauchen / biß wir in die gewonheit kommen sind. Als wenn ich der Erinnen / die Stobeus anzeucht / verß geben wolte.


                                                 Χαι̃ρέ μοι Ρώμα θυγάτηρ Αρηος,

mag ich wol setzen:

O Rom / des Martis kind / sey sehr gegrüßt von mir; denn im fall ich spreche / O Rom / du kind des Mars / möchte es vielen zue anfange seltzam vorkommen.
Die diphthongi oder doppeltlautenden Buchstaben / weil sie bey vns nicht vblich / dürffen nur mit dem selblautenden buchstaben geschrieben werden / dessen thon sie haben; als Enéas / Eschylus / Mecenas &c.
Newe wörter / welches gemeiniglich epitheta, derer wir bald gedencken werden / vnd von andern wörtern zuesammen gesetzt sindt / zue erdencken / ist Poeten nicht allein erlaubet / sondern macht auch den getichten / wenn es mässig geschiehet / eine sonderliche anmutigkeit. Als wenn ich die nacht oder die Music eine arbeittrösterinn / eine kummerwenderinn / die Bellona mit einem dreyfachen worte kriegs=blut=dürstig / vnd so fortan nenne. Item den Nortwind einen wolckentreiber / einen felssen stürmer vnd meer auffreitzer: wie jhn Ronsardt (denn die Frantzosen nechst den Griechen hierinnen meister sind) im 202. Sonnet seines andern buches der Buhlersachen heisset:


                                                  Fier Aquilon horreur de la Scythie,
                                                  Le chasse-nue, & l'esbransle-rocher,
                                                  L'irrite-mer.

Welches auß dem Ouidio genommen ist.
  
                                                Apta mihi vis est, hac tristia nubila pello,
                                                Hac freta concutio, nodosaque robora verto.

Solches stehet auch an seinem orte bey den Lateinern nicht vbel; als da Catullus saget in seinem vberauß schönen getichte vom Atys:
Vbi cerua syluicultrix, vbi aper nemoriuagus Vnd Publius Syrus von dem storche:

                                               Pietaticultrix, gracilipes, crotalistria,
                                               Auis exulhiemis.

In welchen erfindungen Joseph Scaliger zue vnserer zeit meines bedünckens alle andere / auch die alten selber / vbertroffen.
Darbey aber vns Deutschen diß zue mercken ist / das das nomen verbale, als treiber / stürmer / auffreitzer / &c. allzeit / wie bey den Lateinern / muß hinten gesetzt werden; wie der der Frantzosen gebrauch / derer sprache es nicht anders mit sich bringt. So Heinsius in dem Lobgetichte des Weingottes / welches er auch zum theil von dem Ronsardt entlehnet:


                                            Nacht=looper / Heupe=soon / Hooch=schreeuwer / Groote=springer /
                                            Goet=geuer / Minne=vrient / Hooft=breker / Leeuwen=dwinger /
                                                Hert=vanger / Herßen=dief / Tong=binder / Schudde=bol /
                                                Geest=roerder / Waggel=voet / Staet=kruijßer / Altijet=vol.

Vnd nach meiner verdolmetschung:

                                           Nacht=leuffer / Hüffte=sohn / Hoch=schreyer / Lüfften=springer /
                                           Guet=geber / Liebes=freundt / Haupt=brecher / Löwen=zwinger /
                                                Hertz=fänger / Hertzen=dieb / Mund=binder / Sinnen=toll /
                                                Geist=rhürer / wackel=fuß / Stadt=kreischer / Allzeit=voll.

Wie denn auch sonsten die epitheta bey vns gar ein vbel außsehen haben / wenn sie hinter jhr substantiuum gesetzet werden / als: Das mündlein roth / der Weltkreiß rund / die hände fein; für: das rothe mündlein / der runde weltkreiß / die feinen hände / &c. wiewol bey vnsern reimenmachern nichts gemeiner ist.
So bringen auch die Frantzosen newe Verba herfür / welche / wenn sie mit bescheidenheit gesetzet werden / nicht vnartig sind. Als Ronsardt brauchet in einer Elegie an die Caßandra / das wort Petrarquiser, das ist / wie Petrarcha buhlerisch reden brauchen:

      
                                          Apprendre l'art de bien Petrarquiser.

Vnd ich habe es jhm mit einem anderen worte nachgethan / da ich die Leyer anrede:

                                         Jetzt solt du billich mehr als wol
                                         O meine lust / Pindarisiren.

Ich darff aber darumb nicht bald auß dem Frantzösischen sagen: approchiren, marchiren; oder auß dem Lateine: dubitiren, seruiren; gaudiren, wie zwar die zue thun pflegen / die eher jhre Muttersprache verterben / als das sie nicht wollen sehen laßen / das sie auch was frembdes gelernet haben.
Wie nun wegen reinligkeit der reden frembde wörter vnnd dergleichen mußen vermieden werden; so muß man auch der deutligkeit halben sich für alle dem hüten / was vnsere worte tunckel vnd vnverstendtlich macht. Als wann ich sagen wollte: Das weib das thier ergrieff. Hier were zue zweiffeln / ob das weib vom thiere / oder das thier vom weibe were ergrieffen worden: welches die Griechen eine αμφιβολίαν nennen.


Der πλεονασμὸς, da etwas vbriges gesaget wird / verstellet auch die rede zue weilen nicht wenig. Als wann ich spreche:


                                       Ein schwartzes Kind das nicht war weiß;

weil es sich wol ohne diß verstehet. So wie Pansa sagete: Das Kind were von der Mutter zehen monat im leibe getragen worden: fragete Cicero: ob andere weiber die kinder im rocke trügen. Doch hilfft bißweilen das was vbrig hinzue gesetzet wird auch zu auffmutzung der rede. So saget Virgilius:


                                      Vocemque his auribus hausi.
                                      Mit meinen ohren hab' ich es vernommen;

zue mehrer bestetigung deßen das er erzehlet.

Die αναστροφὴ oder verkehrung der worte stehet bey vns sehr garstig / als: Den sieg die Venus kriegt; für: Die Venus kriegt den sieg. Item: Sich selig dieser schätzen mag; für: Dieser mag sich selig schätzen. Vnnd so offte dergleichen gefunden wird / ist es eine gewiße anzeigung / das die worte in den verß gezwungen vnd gedrungen sein.
Auff die außlesung der worte / sagen wir nun billich auch von jhrer zuesammensetzung; wie wir nemlich die buchstaben / syllaben vnd wörter aneinander fügen sollen.
Weil ein buchstabe einen andern klang von sich giebet als der andere / soll man sehen / das man diese zum offteren gebrauche / die sich zue der sache welche wir für vns haben am besten schicken. Als wie Virgilius von dem berge Etna redet / brauchet er alles harte vnd gleichsam knallende buchstaben:


                                   Vidimus vndantem ruptis fornacibus Aetnam
                                   Flammarumque globos, liquefactaque voluere saxa
                                                  
                                                  wie Etna / wenn er strewet
                                   Die flammen in die lufft / vnd siedend' hartz außspeyet /
                                   Vnd durch den holen schlund bald schwartze wolcken bläßt /
                                   Bald gantze klüfften stein' vnd kugeln fliegen lest.


Heinsius saget:

                                  Gelyck als Etna schiet vyt haere diepe kolcken
                                  Een grondeloose zee van vlammen in de wolcken.


So / weil das L vnd R fließende buchstaben sein kan ich mir sie in beschreibung der bäche vnd wäßer wol nütze machen / als:


                                 Der klare brunnen quilt mitt lieblichem gerausche &c.


Wie nun bißweilen eine solche zuesammenstoßung der buchstaben recht vnd guet ist; soll man sie doch sonsten mitt einander so wißen zue vermengen / das nicht die rede dadurch gar zue raw oder zue linde werde. Eben dieses ist es auch / wann eine syllabe oder wort zue offte wiederholet wird; als: Die die dir diese dinge sagen.
Item / Es siehet nicht wol auß / wenn ein Verß in lauter eynsylbigen wörtern bestehet. Deßen exempel Ronsard giebet:


                                Ie vy le ciel si beau, si pur et net.

Wiewol wir deutschen / wegen der menge der einsylbigen wörter die wir haben / es zuezeiten kaum vermeiden können.
Hergegen sollen die verß / sonderlich die Masculini (wie wir sie im folgenden Capitel nennen werden) sich nicht mit viel sylbigen wörtern enden.


                              Ich wil euch williglich mit vnterthänigkeit
                             Zue dienste sein / Hertzlieb / bey der gelegenheit.


Dann die verß gar zue grob vnd harte dadurch gemacht werden.

Das ansehen vnd die dignitet der Poetischen rede anlangt / bestehet dieselbe in den tropis vnnd schematibus, wenn wir nemblich ein wort von seiner eigentlichen bedeutung auff eine andere ziehen. Dieser figuren abtheilung / eigenschafft vnd zuegehör allhier zue beschreiben / achte ich darumb vnvonnöthen / weil wir im deutschen hiervon mehr nicht als was die Lateiner zue mercken haben / vnd also genungsamen vnterricht hiervon neben den exempeln aus Scaligers vnnd anderer gelehrten leute büchern nemen können. Dessen wil ich nur erinnern / das für allen dingen nötig sey / höchste mögligkeit zue versuchen / wie man die epitheta; an denen bißher bey vns grosser mangel gewesen / sonderlich von den Griechen vnd Lateinischen abstehlen / vnd vns zue nutze machen möge: Dann sie den Poetischen sachen einen solchen glantz geben / das Stesichorus für den anmutigsten Poeten ist gehalten worden / weil er desselbigen zum füglichsten sich gebraucht hat.
Sie mussen aber so gemacht werden / das sie entweder die dinge von denen wir reden von andern vnterscheiden; als da der Poet spricht: nigra hirundo, die schwartze Schwalbe / oder sie vermehren / als: frigida bello Dextera, eine handt die im kriege nicht viel außrichtet.
Sie mussen auch warhafftig sein/ vnd etwas nicht anders beschreiben als es ist. Zum exempel: florida Hybla; weil viel Blumen darauff wachsen sollten: Parnassia laurus, æstuosa Calabria, vnd dergleichen. Strabo rhümet den Homerus / das er die eigenschafft eines / etwedern dinges sehr genaw in acht genommen / vnd jhm vnfehlber sein gehöriges epitheton allzeit gegeben habe. Die Poeten / denen mehr freyheit als den Oratoren eingeräumet ist / können auch wol den schnee weiß / vnnd den wein feuchte nennen: wie Aristoteles im dritten buche der Rhetoric / vnnd Quintilianus im sechsten Capitel des achten buches saget. Wiewol Virgilius nicht ohne vrsache setzet:


                          cæduntque securibus humida vina;

Denn in dem er spricht / das man in den Mitternächtischen Ländern den gefrorenen Wein / der doch von natur sonst sehr naß ist / mit äxten zuehawen muß / macht er das man desto mehr der vngewöhnlichen kälte nachdenckt.
Letzlich haben wir in vnserer sprache dieses auch zue mercken / das wir nicht vier oder fünff epitheta zu einem worte setzen / wie die Italiener thun / die wol sagen dürffen:

   
                         Alma, bella, angelica, et fortunata donna;

                         Du schönes / weisses / englisches / glückhafftes / edles bildt;

Denn solches bloß zue außfüllung des verses dienet.

Dieses sey nun von der allgemeinen zuegehör der Poetischen rede: weil aber die dinge von denen wir schreiben vnterschieden sind / als gehöret sich auch zue einem jeglichen ein eigener vnnd von den andern vnterschiedener Character oder merckzeichen der worte. Denn wie ein anderer habit einem könige / ein anderer einer priuatperson gebühret / vnd ein Kriegesman so / ein Bawer anders / ein Kauffmann wieder anders hergehen soll: so muß man auch nicht von allen dingen auff einerley weise reden; sondern zue niedrigen sachen schlechte / zue hohen ansehliche, zue mittelmässigen auch mässige vnd weder zue grosse noch zue gemeine worte brauchen.
In den niedrigen Poetischen sachen werden schlechte vnnd gemeine leute eingeführet; wie in Comedien vnd Hirtengesprechen. Darumb tichtet man jhnen auch einfaltige vnnd schlechte reden an / die jhnen gemässe sein: So Tityrus² bey dem Poeten / wenn er seines Gottes erwehnet / redet er nicht von seinem plitze vnd donner / sondern


                      Ille meas, sagt er / errare boues, vt cernis, & ipsum
                      Ludere quæ vellem calamo permisit agresti.

                      Du siehst / er leßt mein Vieh herumb gehn ohne ziehl /
                      Vnd mich auff meiner flöt' auch spielen was ich wil.

Wie Theocritus sonsten inn dem paß wol jederman vberlegen / so weiß ich doch nicht wie sein Aites mir sonderlich behaget: inmassen ich denn auch halte / das Heinsius gleichfals grossen gefallen daran treget / der dieses Idyllion Lateinisch vnnd Hollendisch gegeben. Weil ich jhm aber im deutschen nachgefolget / vnd den niedrigen Character / von dem wir jetzo reden / nicht besser vorzuestellen weiß / wil ich meine übersetzung hierneben fügen.


                                        Theocriti Aites.

                     Bist du gekommen dann / nach dem ich nun gewacht
                     Nach dir / mein liebstes Kind / den dritten tag vnnd Nacht?
                     Du bist gekommen / ja. doch wer nicht kan noch mag
                     Sein lieb sehn wann er wil / wird alt auff einen tag.
                     So viel der Früling wird dem Winter vorgesetzt /
                     Vor wilden pflaumen vns ein Apffel auch ergetzt /
                     Das Schaff mit dicker woll' ein Lamb beschämen kan /
                     Die Jungfraw süsser ist als die den dritten Man
                     Bereit hat fort geschickt; so viel als besser springt
                     Ein rehbock als ein Kalb / vnd wann sie lieblich singt
                     Die leichte Nachtigall den Vogeln abgewint /
                     So ist dein beysein mir das liebste das man findt.
                     Ich habe mich gesetzt bey diesen Buchbawm hin /

                     Gleich wie ein Wandersman thut im fürüber ziehn /
                     In dem die Sonne sticht. ach / das die liebe doch
                     Vns wolte beyderseits auch fügen an jhr ioch /

                     An jhr gewündtschtes Joch / vnd das die nach vns sein
                     Von vns mit stettem rhum erzehlten vberein:
                     Es ist ein liebes par gewesen vor der zeit /

                     Das eine freyte selbst / das ander ward gefreyt:
                     Sie liebten beyde gleich. ward nicht das volck ergetzt
                     Wie liebe wiederumb mit liebe ward ersetzt!

                     Ach Jupiter / vnd jhr / jhr Götter / gebt mir zue /
                     Wann ich nach langer zeit schon lieg' in meiner rhue /
                     Das ich erfahren mag / das dem der mich jtzt liebt
                     Vnd meiner trewen gunst ein jeder zeugniß giebt;
                     Doch mehr das junge volck. nun diß muß nur ergehn /
                     Ihr Götter / wie jhr wolt. es pflegt bey euch zue stehn

                     Doch lob' ich dich zwar hoch / so hoff' ich dennoch nicht
                     Das jrrgend jemand ist der etwas anders spricht.
                     Dann ob dein grimm mir schon offt' etwas vbels thut

                     So machst du es hernach doch doppelt wieder gut.
                     O volck von Megara / jhr schiffer weit bekandt /
                     Ich wündsche das jhr wol bewohnt das reiche landt

                    Vnd vfer bey Athen / weil jhr so höchlich liebt
                    Dioclem der sich auch im lieben sehr geübt:
                    Weil allzeit vmb sein grab sehr viel liebhaber stehn /

                    Die lernen einig nur mit küssen umb recht gehn /
                    Vnd streiten gleich darumb / vnd wer dann Mundt an mundt
                    Am aller besten legt / dem wird der krantz vergunt /

                    Den er nach hause dann zue seiner Mutter bringt.
                    Ach / ach / wie glücklich ist dem es so wol gelingt
                    Das er mag richter sein. wie offte rufft er wol

                    Das Ganymedes jhm den Mund so machen sol
                    Als einen Stein durch den der goldschmiedt vrtheil spricht
                    Ob auch gewiß das Goldt recht gut sey oder nicht.


Hergegen in wichtigen sachen / da von Göttern / Helden / Königen / Fürsten / Städten vnd dergleichen gehandelt wird / muß man ansehliche / volle vnd hefftige reden vorbringen / vnd ein ding nicht nur bloß nennen / sondern mit prächtigen hohen worten vmbschreiben. Virgilius sagt nicht: die oder luce sequenti; sondern:

               
                                    vbi primos crastinus ortus
                     Extulerit Titan, radiisque retexerit orbem.

                    Wann Titan morgen wird sein helles liecht auffstecken /
                    Vnd durch der stralen glantz die grosse welt entdecken.


Die mittlere oder gleiche art zue reden ist / welche zwar mit jhrer ziehr vber die niedrige steiget / vnd dennoch zue der hohen an pracht vnd grossen worten noch nicht gelanget. In dieser gestalt hat Catullus seine Argonautica geschrieben; welche wegen jhrer vnvergleichlichen schönheit allen der Poesie liebhabern bekandt sein / oder ja sein sollen. Bießhieher auch dieses: nun ist noch vbrig das wir von den reimen vnd vnterschiedenen art der getichte reden.


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¹   Guillaume Du Bartas, 1544 - 1590, Diplomat, Dichter, Calvinist

²   Tityros (griech.), Tityrus (lat.) ist der Name eines Hirten in der bukolischen Dichtung. Zuerst von Theokrit (Idyll 3, 2–4) verwendet, dann vor allem von Vergil in den Eklogen.


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