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Mara-Daria Cojocaru: Blinde Zwillinge

Gedichte > Gedichte der Woche


BLINDE ZWILLINGE

Die letzte Wespe quetscht im Gehweg
Schnee, zertreten, eben da im Gestöber
Nirgendwann: am Straßenrand. Wir
Stoppen nicht, der Wind packt an

Im Hauseingang, wie immer schon
Bringst du die Taschen rauf; doch es ist neu
Und nicht genug für alle da. War das etwa
Unser aller erster Hamsterkauf? Erinnerung

Nun, im Zimmer, konzentrieren wir uns
Auf den Winter. Der kommt, es wird schon Zeit
Und draußen kalt wie die Barmherzigkeit
Wie zwei blinde Zwillinge, sehen wir uns

Nicht gleich? Wir tasten uns langsam an der
Alten Wand, an des andren kalte Wange ran
Wenn wir lachen, wird uns warm. Wir lachen
Nicht. Mach du das Licht nun an. Ich traue

Mich: Und das Zimmer ist noch immer ganz
Verkritzelt, Kommentare Silberstimmen, Duft
Stifte zweier Kinder, Mädchen aus verstaubtem
Sommer. Oder war da doch nur eins? Zwei

Affen jedenfalls tanzen an der Wand entlang und
Haben sieben Finger. Schlinge um die Brust, wir
Ritten glücklich durch die Luft, auf dem Pferd, das
Wir nicht hatten, ins Exil. Und unter uns nur

Herzgemurmel, Show, asthmatischer Verstand
Du sagst, der Kranich ist nun zahm und reist nicht
Weiter. Aus dem Wohnzimmer hebt die Luft
Trompetenstöße, der Zigeuner seine Weisen an

Du verrätst Herrn Stumpfenstiel, ein verhexter
Elefant. Doppelter Felgaufschwung des Gemüts
But one somersault of the heart

(Mara-Daria Cojocaru: unveröffentlicht, 2015)

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