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Halldór Laxness Halldórsson: Ich bin ein Bauer und mein Feld brennt

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Mario Osterland

Manchmal spannend, manchmal banal


Halldór Laxness Halldórssons wilde Sammlung „Ich bin ein Bauer und mein Feld brennt



Nicht zu verwechseln ist der 1985 geborene Halldór Laxness Halldórsson mit seinem Großvater Halldór Laxness. Letzterer ist der weltweit wohl berühmteste isländische Schriftsteller und erhielt 1955 den Nobelpreis für Literatur. Halldórsson hingegen ist bisher vor allem in seiner Heimat bekannt und das als Rapper und Comedian Dóri DNA. Es bestünde also gar keine echte Verwechslungsgefahr, wäre nicht jüngst ein Buch vom jungen Halldórsson erschienen.


Ich bin ein Bauer und mein Feld brennt, übersetzt und herausgeben von Christian Filips bei roughbooks, ist eine merkwürdige Sammlung unterschiedlichster Texte. Einerseits finden sich darin durchaus interessante, biografisch wirkende Langgedichte oder Kurzprosatexte auf der Kante von Realismus und Surrealismus (wie Hendrik Jackson es in seiner Rezension auf fixpoetry.com treffend beschrieb). Andererseits ist das Buch gespickt von kurz ausgeführten Ideen zu alternativen Skaldensagen, Theaterstücken und TV-Serien, die mal bissig, mal grotesk, oft aber einfach nur beknackt wirken.

Ich bin mir sicher, dass man zu einer anderen Einschätzung kommen würde, insofern man den gleichen Humor des Autors besitzt – und/oder firm ist in Sachen isländischer Kulturgeschichte. Wenn man bei Halldórsson für die aus nur einem Satz bestehende Idee zu einem Theaterstück #2 in der Übersetzung drei Fußnoten braucht, um verständlich zu werden, ist diese Idee dann überhaupt übersetzbar? Oder handelt es sich hier nur um einen dieser überspannten (von Jackson ebenfalls erwähnten) Manierismen des Übersetzers, der, nach eigenen Angaben „im Zustand vulkanischer Trance“ gearbeitet hat? Schulterzucken.

Wesentlich interessanter ist hingegen Halldórssons Idee zu einer Performance, bei der vier kanadische Touristen als isländische Nationaldichter verkleidet auf eben deren Gräben scheißen sollen. Dabei ist natürlich schon der Gedanke an die tatsächliche Durchführung der Performance großer Quatsch. Die Idee allerdings spiegelt Halldórssons Kritik am der merkwürdigen „Touristenepidemie“, die Island seit einiger Zeit heimsucht. Und vielleicht tut sich hier ein nicht unwesentlicher Zugang zu den längeren Texten des Bandes auf. Denn Halldórsson bzw. sein literarisches Ich scheint von der Gegenwart ziemlich angefressen zu sein.

Es erzählt von ironisierten Endzeitvision[en] mit surrealem Setting. „Schönheit ist ein kalter Profilstahl, und mein Sofa wirklich kein Sofa mehr, seit drei lebendige Männer in seinem Polster wohnen. / Darin raufen sie von morgens bis Abends.“ Vor allem aber sind es die Erinnerungen des Ichs, die oft in einer Art Bewusstseinsstrom von Hölzchen auf Stöckchen kommen oder in denen der Subaru Impreza zur Zeitmaschine für einen Road Trip in die eigene Jugend wird. Da wird „geraucht, geprügelt, geruht“ – gefeiert, gesoffen und geangelt. Es ist in diesen Texten alles möglich, von Vollgas bis totaler Verweigerung gegenüber dem Leben „da draußen“. Düster, ironisch, exaltiert und melancholisch, oder alles zusammen. Halldórsson schreibt auf der Kante von Entertainment und persönlicher Saga. Manchmal spannend, manchmal banal und oft mit einer orientierungslosen Ratlosigkeit, die sich auf den Leser überträgt.


Halldór Laxness Halldórsson: Ich bin ein Bauer und mein Feld brennt. Isländisch / deutsch. Übers. von Christiánður Filipsson. Reyjkajavik, Schupfart (roughbook 040) 2016. 86 Seiten. 9,00 Euro.

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