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Dialog Orsolya Kalász / Gertrud Kolmar

Dialoge

Gertrud Kolmar / Orsolya Kalász
im Dialog


Gertrud Kolmar

Wappen von Irlich

Geteilt: im oberen, roten Feld drei goldgestielte
silberne Hämmer, unten in Silber zwei schwarze Balken.

Was über die schwimmenden Wipfel hallt,
Ist es Schweigen, ist es mein Traum?

Drei Hämmer reden erzen und alt
Zu schwarzen Balken des Nachts im Wald
Am Haus von Borke und Baum.

Was schlagen die Hämmer ins Waldgesicht
Den Bau von Rinde und Ast?

Ein Dach dem Wesen, das hockte und spann,
Als Regen schlackte, als Schneeglast rann.
Sein Haar strähnt fahlfarb wie Bast.

Was spinnt das trübe Wesen im Wald?

Aus dem Weinen der Welt einen Strang.
Der aufreicht einst und Gott umkrallt,
Ihn niederwürgt zur Menschengestalt. -

Der Strick wird nie so lang.


Orsolya Kalász

Alles ist seltsam in der Welt
​                                   Gertrud Kolmar

Oben ein Feld in Rot,
herrscht dennoch dunkle Nacht?
Unten ein Feld in Silber,
das ist ein See, da bin ich mir sicher.

Gertrud, die schwimmenden Wipfel,
sie brennen und niemand kommt,
die gespiegelten Flammen zu löschen.

Weil es ein Traum ist?

Es ist kein Traum,
der sich zu in einen Wappenbild
verpuppte.
Als das Wappen zerbrach,
riss er auf, und es war
an der Zeit, den Traum
von den schwarzen Balken
des Nachts im Wald
zu erzählen,
und von dem Wesen,
das im Wald hockt und spinnt.

Geteilt, im oberen roten Feld drei
goldgestielte silberne Hämmer, unten
in Silber zwei schwarze Balken.

Écu en coeur,
das kleine Herzschild,
immer von etwas Größerem,
und Nachgiebigem umgeben.

Es könnte sein,
mit meinen Augen
schaut auch ein trübes Wesen zu,
wie die goldgestielten Hämmer
auf das Wasser schlagen,
sieht,
dass es rot wird.

Doch überfrachtet
bleibt das Feld unheraldisch,
und das Wesen auch, wie es,
mit der in den Mund gestopften Faust
sich selbst das Wort verbietet,
weil es schweigen will,
wie ...

Das Weinen der Welt
wird immer mehr,
zu viel Gertrud.
Dein trübes Wesen
wird nicht fertig mit dem Strick,
der aufreicht einst und Gott umkrallt,
Ihn niedergewürgt zur Menschengestalt.

Gertrud, beide hatten wir Recht,
das Schweigen blieb seltsam,
und es blieb ein seltsamer Traum,
und der Strick wird nie so lang.

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