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David Krause: Hypnos

Gedichte > Zeitzünder



Hypnos

Die Ärzte hatten einen Fluss angelegt,
einen Schlauch in deinen Körper
und stellten die Maschinen neu ein.
Du sahst mich an und lächeltest
wie durch Wasser und strecktest
mir eine Mohnblume entgegen,
zerdrückt von der Schwere der Seiten
des Buches, in dem sie gelegen:
Die Mythen, die wir gelesen.
Die Mythen, in die wir uns gerettet.
Ich pflückte den Mohn aus deinen Fingern.
Du batest mich, auf dich zu warten.
Hypnos schüttelte meine Hand
und bereitete die Narkose.
Ich wartete am Fluss im Park.
Am nächtlichen Körper leuchteten
Skalpelle. Gedanken schweiften: Was
träumtest du unter den Messern? Wohin
reisten wir ein letztes Mal?
Der Schatten der Blume wanderte
und löste sich auf mit den Stunden.


David Krause: Die Umschreibung des Flusses. Leipzig (Poetenladen) 2016.

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