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Bertrand Russell: Die moralische Indifferenz des Universums

Poetik / Philosophie > Glossen

Bertrand Russell
Die moralische Indifferenz des Universums

(in: "Warum ich kein Christ bin", 1927 / dt. 1968)


Der nächste Schritt bringt uns zum teleologischen Argument. Sie alle kennen es: Die ganze Welt ist genau so beschaffen, daß wir darin leben können, und wenn sie nur ein wenig anders wäre, könnten wir nicht darin leben. Das ist das Argument der zweckmäßigen Weltordnung. Manchmal nimmt es eine etwas eigenartige Form an. So wird zum Beispiel behauptet, Kaninchen hätten weiße Schwänze, damit man sie leicht abschießen könne. Ich weiß nicht, wie sich die Kaninchen zu dieser Auffassung stellen. Es ist ein Argument, das sich leicht parodieren läßt. Sie alle kennen Voltaires Äußerung, die Nase sei offenbar so geschaffen, daß darauf eine Brille passe. Es hat sich gezeigt, daß solche Parodien nicht annähernd so weit daneben treffen, wie es im 18. Jahrhundert den Anschein haben mochte, weil wir seit Darwin viel besser verstehen, warum Lebewesen ihrer Umwelt angepaßt sind. Nicht die Umwelt wurde so geschaffen, daß sie für die Lebewesen geeignet war, sondern die Lebewesen entwickelten sich so, daß sie für die Umwelt geeignet wurden. Das ist die Grundlage der Anpassung, und es ist keinerlei Absicht dabei erkennbar.
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