Adalber Salas Hernández: I (Caracas, die Sterbenden grüßen dich nicht.)
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Adalber Salas Hernández
Aus dem venezolanischen Spanisch von Geraldine Gutiérrez und
Marcus Roloff
I
Caracas, los que van a morir no te saludan.
Ya no tienen manos que levantar,
se las han cortado, se las han arrancado
los perros que caminan patas arriba por la noche
o las han perdido en alguna apuesta imprudente
y cruenta como tu nombre.
Tampoco se arrodillan, los que van
a morir, no los deja este temblor
metálico que les atraviesa la espalda,
que les ensarta las vértebras, que les
tuerce el andar. Un temblor que parece traído
desde el primer frío de este mundo.
Respiran tu humo, tu olor a capín melao
y carne descompuesta y plomo
caliente bajo el sol, que les llena
los bronquios, les arrasa el paladar. Olor ingrato
a camiones de basura y asfalto arrepentido.
Caracas, todas las bocas secas son tuyas.
Te dejamos la infancia endurecida
en unas pocas calles, en el sabor del pan,
en el primer atraco, la primera madrugada
ahuecada por los disparos y la lluvia. Es tuyo
todo este aliento que tenemos, te lo robamos. Los
que
vamos a morir te miramos como bestias
por domesticar y te sonreímos sin dientes.
No te saludamos, aunque estemos
parados en tu arena, en el polvo que nos hizo
y que ahora se confunde con nuestra piel.
Ya hemos recorrido tus huesos cansados, sucios,
mondados por la ceguera. Te conocemos, Caracas.
Cada mañana, la piedra de tu risa
estalla contra nuestra frente. Sabemos tus gestos
de madre carnívora, hemos visto
dónde te muerdes la cola.
No saludamos y nadie se percata.
Nadie nota el óxido acumulado en
nuestras voces, nadie ve en nuestras caras
que ya entendimos, que de todas maneras
la prosa de nuestros días será abrupta
como tus callejones
y la hora de nuestra desaparición
tendrá la piedad de tus balas perdidas.
I
Caracas, die
Sterbenden grüßen dich nicht.
Schon haben
sie keine Hände mehr, die sie heben können,
man hat sie
ihnen abgeschnitten, ihnen entrissen
die Hunde,
die auf dem Kopf durch die Nacht wandern
oder beim
Glücksspiel verloren gingen, leichtsinnig
und
blutgetränkt wie dein Ruf.
Weder knien sich
die Sterbenden hin,
noch darf man
sie dem bebenden
Metall
überlassen, das ihren Rücken durch-
schlägt und
ihre Wirbel auffädelt und ihnen
den Gang
verdreht. Ein Beben, als sei es
aus der Kälte
der ersten Weltnacht gekrochen.
Sie
inhalieren deinen Dunst, deine Düfte
von Gras und
vergammeltem Fleisch und das Blei
füllen in der
Glut der Sonne ihre Bronchien an,
zerreißen
ihnen die Gaumen. Ekelerregender
Duft von
Müllwagen und reumütigem Asphalt.
Caracas, alle
vertrockneten Münder sind dein.
Wir haben dir
duldsam unsere Kindheit überlassen,
uns haben ein
paar Straßen abgehärtet, der Geschmack
von Brot, der
erste Raubzug und die erste Morgenröte,
zerschlissen
von Schüssen und Regen. Alles ist deins,
unser ganzer
Atem, den wir dir gestohlen haben. Die
Sterbenden
beäugen dich wie zu zähmendes Vieh
und grinsen
dich zahnlos an.
Wir grüßen
dich nicht, obwohl wir
in deiner
Arena stehen, im Staub, aus dem wir gemacht sind
und der sich
jetzt mit unserer Haut vermischt.
Wir sind
bereits durch dein Gebein gefahren, müde, verdreckt
gerobbt durch
die Blindheit. Wir kennen dich, Caracas.
Jeden Morgen
zersplittert der Stein deines Gelächters
an unseren
Stirnen. Wir kennen deine Grimassen
als
fleischfressende Mutter, wir haben gesehen
wie du dir in
den Schwanz beißt.
Wir grüßen
nicht und niemand kriegt es mit.
Niemand
bemerkt das abgelagerte Oxyd
in unserm
Geschrei, niemand nimmt Notiz von unseren
Gesichtern,
die schon verstanden haben, dass die Prosa
von Jetzt auf
jeden Fall so schroff sein wird
wie deine
Gassen
und die
Stunde unseres Abgangs
wird in der
Gnade deiner verirrten Kugeln stehen.
Adalber Salas Hernández, geboren
1987 in Caracas. Lyriker, Essayist und Übersetzer. Studium der Literatur und
Philosophie. Redaktionsmitglied der Revista
Poesía, Universidad de Carabobo. Aktuell promoviert er an der Fakultät für
Spanisch und Portugiesisch an der New York University. Gedichtbände: La arena, el vidrios
(Equinoccio, 2008), Extranjero (Bid
& co. editor, 2010); Suturas (Bid
& co. editor, 2012); Heredar la
tierra (Común Presencia, 2013); Salvoconducto (XXXVI Premio de Poesía
Arcipreste de Hita, Pre-textos, 2015); Río
en blanco (Sudaquia, 2016); mínimos
(Amargord Ediciones, 2016).